Josef Moser, Minister für Reformen und Justiz. Und erster Kandidat, wenn es darum geht, wen die FPÖ koalitionsintern kritisiert.

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Menschenrechte, Rechtsstaat, EU-Mitgliedschaft: Die FPÖ hat in den letzten Jahren oft genug gezeigt, dass sie den einen oder anderen Eckpfeiler der Republik nicht allzu ernst nimmt. Doch niemand kann den Freiheitlichen mangelnde Unterstützung des föderalen Prinzips nachsagen, rücken doch in den vergangenen Wochen zuverlässig ausgerechnet die Obleute der blauen Landesparteien aus – um Justizminister Josef Moser (ÖVP) zu kritisieren oder gar seinen Rücktritt zu fordern.

Innerkoalitionäre Kritik, Querschüsse gegen den Koalitionspartner? Das passt so gar nicht zur von den Parteichefs verordneten türkis-blauen Harmonie. Dass sich die FPÖ dennoch auf Moser einschießt, lässt auch Rückschlüsse auf seine Stellung innerhalb des türkisen Regierungsteams zu. Das ist auch deshalb relevant, weil sich mit der EU-Kandidatur von Staatssekretärin Karoline Edtstadler möglicherweise ein Exitszenario für den Justizminister auftut.

Blauer Ruf nach Rücktritt

Kürzlich reihte sich auch Niederösterreichs FPÖ-Chef Udo Landbauer in die Reihe der Moser-Kritiker ein: "Während unser Innenminister alle Möglichkeiten ausschöpfen will, um rasche und konsequente Abschiebungen auch bei 'leichten Delikten' sicherzustellen, legt sich der Justizminister quer", sagt der Klubobmann bei einer Pressekonferenz.

Damit leisteten fünf von neun FPÖ-Landesorganisationen Querschüsse an den Justizminister. Am schärfsten formulierte es der burgenländische Landeshauptmannstellvertreter Johann Tschürtz. Für ihn ist Moser "rücktrittsreif". Ein Akt blauer Schützenhilfe: Moser hatte Kickl für seine umstrittenen Aussagen zum Rechtsstaat ("Das Recht hat der Politik zu folgen, nicht die Politik dem Recht") kritisiert. Tschürtz findet es "inakzeptabel, wenn sich ausgerechnet der Justizminister nicht der Schaffung gesetzlicher Grundlagen widmet, welche die Polizei zur Durchführung ihrer Aufgaben braucht, sondern sich lieber in parteipolitischen Anschüttungen gegen einen sehr erfolgreichen Innenminister ergeht". Für ihn habe sich Moser "nachhaltig disqualifiziert".

Emotionale Einzelmeinung

Da wurde es der Bundespartei zu bunt: Generalsekretär Christian Hafenecker erklärte Tschürtz' Sager zur "Einzelmeinung aus burgenländischer Sicht, die aus der Emotion heraus getätigt wurde". Die Zusammenarbeit in der Koalition funktioniere "hervorragend", fügte Hafenecker hinzu. Sicher ist sicher.

Den Anfang des Kritikreigens aus den Bundesländern machte aber der Westen Anfang Dezember: Die FPÖ-Landesparteichefs von Tirol und Vorarlberg, Markus Abwerzger und Christof Bitschi, wandten sich an die Austria Presseagentur – subtil geht anders. Für Abwerzger ist der Justizbereich "eine Baustelle", Moser müsse "endlich tätig werden". Der Minister habe im neuen Jahr "sicher am meisten Aufholbedarf". Wenig später erklärte Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner im Profil: "Vom 'Reformminister' Josef Moser sehe ich überhaupt nichts. Der ist untergetaucht."

Schwelender Konflikt

Warum passiert das zwischen zwei Regierungsparteien, die doch stets predigen, die Bevölkerung hätte genug vom Streiten und die das deshalb unterlassen wollen? Wobei man beim Konflikt FPÖ vs. Moser noch nicht von Streit sprechen kann, denn dazu gehören zwei. Und der Justizminister gibt den Blauen zwar zu verstehen, was er von ihren Provokationen hält, ein handfester Konflikt entsteht daraus aber nicht – das würden die Architekten der Koalition auch nicht zulassen.

Zu Landbauers Kritik sagt Mosers Sprecherin zum STANDARD nur, dass Abschiebungen "in der Kompetenz des Innenministers liegen" und der Justizminister sich in dessen Arbeit nicht einmische. Darüber hinaus wolle man die blauen Angriffe nicht kommentieren. Für die Koalition stellt aber auch ein schwelender Konflikt eine Belastung dar. Moser soll zwar schon bald nach der Angelobung aus Frust innerhalb der Koalition mit Rücktritt gedroht haben, auch weil der Parteifreie innerhalb der Volkspartei keinen Rückhalt genießt. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wünscht sich aber vor allem Stabilität. Geht Staatssekretärin Edtstadler nach der EU-Wahl nach Brüssel, stünde ihre Nachbesetzung an – möglicherweise ein Anlass für die Regierungsspitze, auch jemand Neuen für das Justizressort zu finden. (Sebastian Fellner, 1.2.2019)