Es ist derzeit so kalt in Nordamerika, dass selbst die Niagarafälle teilweise einfroren.

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Potsdam – Die Kältewelle, die derzeit weite Teile Nordamerikas mit Temperaturen von minus 35 Grad Celsius fest im Griff hält, musste zuletzt mehrfach als Argument gegen den fortschreitenden Klimawandel herhalten – allen voran US-Präsident Donalds Trump. "Was zur Hölle ist mit der Erderwärmung los? Bitte komm schnell zurück, wir brauchen dich!" twitterte der bekennende Klimawandelskeptiker vor wenigen Tagen.

Tatsächlich schmälert das extreme Wetterereignis die Existenz des Klimawandels keineswegs, wie Wissenschafter übereinstimmen betonen – einige reagierten auch via Twitter. Es gäbe sogar Anzeichen dafür, dass die Folgen der globalen Erwärmung zur Häufigkeit derartiger Kälteeinbrüche beitragen.

Schwache Wirbel brechen häufiger aus

Quelle der kalten Luft ist ein großer Wirbel, der in einer Höhe von rund 30 Kilometern über dem Nordpol rotiert. Zwischen diesem Wirbel und der Troposphäre, also jener bis zu 15 Kilometer hohen Zone, in der der Hauptteil des Wettergeschehens stattfindet, kann es zu Wechselwirkungen kommen.

"Von Zeit zu Zeit kann dann die arktische Luft, die normalerweise wie eingezäunt auf dem Pol festsitzt, von dort ausbrechen und auf die angrenzenden Kontinente wandern", erklärt Stefan Rahmstorf, Leiter des Bereichs Erdsystemanalyse beim Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Das passiere vor allem, wenn der Polarwirbel schwach sei, zusammenbreche, sich umdrehe oder – wie jetzt – in zwei Teile zerbreche.

Schwinden der Eisdecke könnte eine Rolle spielen

Nach einer Datenauswertung des PIK sind solche Kälteausbrüche in den vergangenen Jahrzehnten um ein Mehrfaches häufiger geworden. "Mehrere Studien gehen davon aus, dass das mit der schwindenden Meereisdecke auf dem Arktischen Ozean zu tun hat, insbesondere auf der Barents-Kara-See", sagte Rahmstorf. "Die schrumpfende Meereisdecke ist eine Folge der globalen Erwärmung und unserem Treibhausgasausstoß. Die Tatsache, dass der Polarwirbel häufiger und länger instabil wird, ist daher wahrscheinlich auch eine Folge der globalen Erwärmung."

Europa und Asien sind nach Angaben des Wissenschafters noch stärker und häufiger von Kaltluftausbrüchen aus der Arktis betroffen. "Hier sieht man sogar seit der Jahrtausendwende eine Serie besonders kalter Winter – allerdings nicht bei uns in Deutschland, sonder weiter östlich mit Zentrum Sibirien", sagte Rahmstorf. "Es ist ein Phänomen, das wahrscheinlich durch die globale Erwärmung häufiger auftritt."

Nach Einschätzung von Rahmstorf folgt daraus nicht unbedingt, dass künftig auch die Kälterekorde häufiger werden: "Diese können heute nicht mehr so leicht gebrochen werden, sie brauchen dazu immer stärkere Anomalien der atmosphärischen Zirkulation, je wärmer das Klima wird." (red, APA, 1.2.2019)