Viel versprochen, dann kam es doch anders für Krisenpflegeeltern: Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP).

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Wien – Es geht um Kinder in Ausnahmesituationen, bei denen nicht klar ist, ob sie bei ihren Eltern bleiben können oder ob sie, weil akut gefährdet, zumindest vorübergehend bei Pflegefamilien unterkommen müssen. Bis das entschieden ist, springen sogenannte Krisenpflegeeltern ein. Und die haben neben der emotionalen Last nun auch eine finanzielle zu tragen.

Per Initiativantrag haben die Regierungsparteien – mithilfe der Neos – nun eine Definition ins Kinderbetreuungsgesetz geschrieben, die explizit vorsieht, dass Krisenpflegepersonen nur dann Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld haben, "sofern sie es mindestens 91 Tage durchgehend in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft" betreuen.

Zwischenzeitlich hatte das nach Bekanntwerden des Vorhabens noch anders geklungen. Im Herbst sprach Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) noch davon, dass künftig wieder alle Noteltern Kinderbetreuungsgeld erhalten sollten – "selbst wenn sie die Kinder nicht drei Monate haben". In der Praxis ist eine kürzere Betreuungsdauer keine Seltenheit, sind doch Krisenpflegeeltern schon aufgrund ihrer Aufgabenbeschreibung nur für einen Übergangszeitraum für die Betreuung eines Kindes (oder oft auch mehrerer Kinder) zuständig.

Tönerne Füße

Rechtlich steht das Vorgehen der türkis-blauen Koalitionäre auf tönernen Füßen. Denn einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Graz (im Sinne der Krisenpflegeeltern und ihrer Ansprüche) steht eine des OLG Wien entgegen, auf die man sich im Familienministerium beruft. Beide sind rechtskräftig, der Gang zum Obersten Gerichtshof unterblieb.

Der hatte Krisenpflegeeltern zuvor mehrfach als anspruchsberechtigt gesehen. Bogner-Strauß argumentiert mit einem anderen OGH-Urteil, bei dem es nicht um die finanzielle Frage ging. Außerdem würden die Betroffenen mit der Neuregelung "gleich behandelt wie alle anderen Eltern auch".

"Ungleiches gleich behandelt"

Genau das ist ja das Problem, findet Helga Hess-Knapp von der Arbeiterkammer Wien. "Hier wird Ungleiches gleich behandelt", erklärt die Expertin, deren Organisation bereits einige Verfahren in dem Zusammenhang ausgefochten hat. Vor allem stößt sie sich daran, dass die jetzt beschlossene Novelle ohne Begutachtungsverfahren durchgezogen wurde. Die Arbeiterkammer will jetzt neue Fälle vor den OGH bringen, auch wenn man sich dafür wenig Chancen ausrechnet. Die Neuregelung der Regierung gilt nämlich rückwirkend ab 1. Juli 2018. "Ich vermute, mit der klaren Absicht, Krisenpflegeeltern diese Geldleistung künftig zu verwehren", ärgert sich Hess-Knapp. (Karin Riss, 1.2.2019)