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Präsident Donald Trump vor dem US-Kongress (Archivbild 2018).

Foto: REUTERS/Jim Young

Donald Trump muss sich noch immer erst daran gewöhnen: Man kann nicht alles haben, was man will. Präsident der USA zu sein bedeutet nicht, ein Land einfach so nach eigenen Vorstellungen verändern zu können (in Trumps Diktion: wieder großartig zu machen). Es bedarf dafür, auch für einen als Multimillionär Geborenen, demokratisch legitimierter Mehrheiten.

Und diese sind für Trump nur noch sehr schwer zu bekommen, denn seit den Midterm-Wahlen hat der US-Präsident bei jedem legistischen Vorhaben eine zusätzliche Hürde zu überwinden: die oppositionelle Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus.

Gegenwind bekam Trump bereits zu spüren, zum Teil selbstverschuldet: Die mehr als einen Monat andauernde Budgetsperre für die öffentliche Verwaltung (Shutdown) war als Machtprobe gedacht – sie wurde allerdings zu einer, die er nicht gewann, sondern de facto verlor. Nicht nur, dass die Finanzierung seiner Mauer zu Mexiko in die Ferne gerückt ist, Trump musste auch die Demütigung ertragen, dass ihm Hausherrin Nancy Pelosi, eine Demokratin, die Abhaltung der alljährlichen Rede zur Lage der Nation im Kongress zunächst verweigerte.

Terminkalender veröffentlicht

Und dass nun der eigentlich geheime Terminkalender des Präsidenten in der Öffentlichkeit bekannt wurde, trägt auch nicht zu guter Laune bei. Denn die durchwegs spärlichen Einträge machen deutlich, dass Trump keineswegs jenes Arbeitstier im Interesse des amerikanischen Volkes ist, das er zu sein vorgibt: Typische Arbeitstage gehen bloß von elf bis 16.30 Uhr, oft lauten die Termine nur "Executive Time" – Zeitspannen mit weitgehend freier Einteilung durch den Chef selbst.

Der Auftritt vor beiden Kongresskammern (Mittwoch drei Uhr MEZ) taugt üblicherweise für positive Bilder: festlicher Einzug des US-Präsidenten in den Kongresssaal, furioses Blitzlichtgewitter, minutenlange Standing Ovations, Händedrücken, Schulterklopfern, in die Höhe gereckte Daumen. Doch der Kongress "gehört" Trump weniger denn je. Denn auch im Senat, der kleineren der beiden Kammern, kann der US-Präsident nicht immer mit Zustimmung rechnen: So wurden dort seine Pläne zum Truppenabzug aus Syrien und Afghanistan (siehe Analyse oben) ausgerechnet 24 Stunden vor der "State of the Union Address" abgeschmettert.

Doch eine widrige Faktenlage hat Trump noch selten gestört, seine Ansprache zur Mitte seiner Amtszeit war von Anfang an als Wahlkampfshow geplant. Motto: Ich gegen alle, alle für mich, und ich mache die Spielregeln – egal ob es um erbarmungslose Migrationspolitik, wenig durchdachte Außenpolitik oder überhebliche Wirtschaftspolitik geht. Der Wahlkampf für das Jahr 2020 hat schon längst begonnen. (Gianluca Wallisch, 5.2.2019)