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Joaquín Guzmán nach einer seiner Festnahmen.

Foto: AP/Eduardo Verdugo

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Durch einen Tunnel unter der Badewanne entkam Guzmán 2015 aus einem mexikanischen Hochsicherheitsgefängnis.

Foto: AP/United States Attorney for the Eastern District of New York

New York – Der mexikanische Drogenboss Joaquín "El Chapo" Guzmán ist in einem Prozess in New York in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen worden. Den Schuldspruch fällte die Jury am Dienstag nach sechstägigen Beratungen. Damit steht fest, dass Guzmán eine lebenslange Haftstrafe wegen Drogenschmuggels, Waffenhandels und Geldwäsche absitzen muss. Formal wird das Strafmaß am 25. Juni verkündet.

ORF

"El Chapos" Verteidiger kündigten Berufung gegen das Urteil an. Die Geschworenen befanden Guzmán in allen zehn Anklagepunkten für schuldig. Laut Klageschrift soll das Sinaloa-Kartell unter seiner Führung zwischen 1989 und 2014 fast 155 Tonnen Kokain und große Mengen anderer Drogen in die USA geschmuggelt haben. Bei den angeführten Anklagepunkten schreibt das US-Gesetz eine lebenslange Freiheitsstrafe vor.

Guzmáns Anwalt tritt nach der Urteilsverkündung vor die Presse.

"El Chapos" Anwalt Jeffrey Lichtman kündigte umgehend an, Rechtsmittel einzulegen. "Natürlich werden wir in Berufung gehen", sagte er vor Journalisten. "Der Kampf ist noch nicht vorbei", sagte Lichtman. Über den äußerst harten Gerichtsprozess sagte er: "Wir haben wie die Teufel gekämpft." Nach der Urteilsverkündung könnte Guzmán in ein Gefängnis im US-Bundesstaat Colorado überführt werden, das wegen der nahegelegenen Rocky Mountains den Beinahmen "Alcatraz der Rockies" hat und als eine der sichersten Haftanstalten der USA gilt.

Guzmán nahm den Schuldspruch seinen Anwälten zufolge "positiv" hin. "Wir waren ganz ehrlich gesagt verärgerter als er", sagte Lichtman. "Er ist ein sehr optimistischer Typ, er hat uns wieder bessere Laune gemacht." Der 61-Jährige sei insgesamt ein positiver Mensch, gerade vor dem Hintergrund, dass er voraussichtlich den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen müsse. Die Jury hatte Guzmán nach dem Prozess über fast drei Monate in allen zehn Anklagepunkten schuldig gesprochen. Guzmán muss damit lebenslang hinter Gitter. Richter Brian Cogan muss das Strafmaß noch offiziell verkünden.

Justizminister erfreut

Die US-Regierung feiert Guzmáns Verurteilung in allen zehn Anklagepunkten als großen Erfolg. Das Urteil zeige die "herausragende Reichweite der US-Regierung", teilte der interimistisch amtierende US-Justizminister Matthew Whitaker nach dem Urteil am Dienstag mit.

Guzmáns "kriminelles Unternehmen flutete die Straßen der Vereinigten Staaten mit hunderten Tonnen Kokain sowie enormen Mengen anderer gefährlicher Drogen wie Heroin und Methamphetamin", hieß es in der Stellungnahme. Guzmán habe unaufhörlich versucht, den Einfluss des von ihm geführten Sinaloa-Kartells auszubauen und an Macht zu gewinnen, erklärte Whitaker, der US-Präsident Donald Trump nahesteht. Das habe zu einer "Welle der Korruption und Gewalt" in Mexiko sowie in den USA geführt.

Das Urteil sei in dem Kampf gegen Drogenschmuggel eine "unwiderlegbare Botschaft an die in Mexiko verbleibenden Hauptakteure, dass sie letztlich festgenommen und verurteilt werden". Die USA und Mexiko würden weiter mit allen Mitteln gegen Drogenschmuggler und deren Organisationen kämpfen.

Der von massiven Sicherheitsvorkehrungen begleitete Prozess gegen "El Chapo" hatte Anfang November begonnen. Während des Verfahrens ließ die Staatsanwaltschaft mehr als 50 Zeugen vorladen. Außerdem bot sie hunderte Dokumente und dutzende abgehörte Telefonate auf.

Liebhaberin als Zeugin

Dabei nahm das Verfahren zwischenzeitlich Züge einer mexikanischen Seifenoper an: Mehrere ehemalige Handlanger Guzmáns sowie eine ehemalige Liebhaberin traten in den Zeugenstand, während seine Ehefrau, die ehemalige Schönheitskönigin Emma Coronel, stets anwesend war. Auch Schauspieler Alejandro Edda tauchte im Gerichtssaal auf. Er spielt "El Chapo" in der Netflix-Serie "Narcos: Mexico" und wollte den berüchtigten Drogenboss offenbar aus nächster Nähe sehen.

Viele Zeugen schilderten bis in die grausigsten Details die Gewalttaten des mächtigen Drogenkartells. Guzmán habe Menschen, die ihm in den Weg kamen, verprügelt, erschossen oder gar bei lebendigem Leib begraben. Auch beschrieben sie, wie das Kartell mexikanische Polizisten, Militärs und Regierungsmitarbeiter bestach.

In seinem Schlussplädoyer hatte "El Chapos" Verteidiger Lichtman die Jury gebeten, seinen Mandanten nicht aufgrund der "Müll"-Aussagen der Zeugen der Staatsanwaltschaft zu verurteilen. Guzmán sei lediglich ein "Sündenbock", und der eigentliche Kopf des Kartells, Ismale "El Mayo" Zambada, befinde sich noch auf freiem Fuß.

Staatsanwältin Amanda Liskamm hingegen sagte, zwar hätten einige der Zeugen eindeutig selber "Schlechtes getan". Guzmán aber sei ihr Chef gewesen, und nur eine einzige ihrer Aussagen genüge für seine Verurteilung. (APA, AFP, 12.1.2019)