Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sprach Klartext in München.

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Es gab stehende Ovationen. Den meisten im Festsaal des Bayerischen Hofes war klar, dass Angela Merkel eben eine große Rede gehalten hatte. Die deutsche Kanzlerin wirkte dabei fast wie befreit. Wie jemand, der die große, immer wieder eingeforderte Rolle, Führerin des freien Westens zu sein, endlich anzunehmen bereit ist. Und dabei wurde auf der Sicherheitskonferenz mehr als deutlich, um welche Differenzen es im trans atlantischen Verhältnis derzeit geht: Die einen wollen Debatte und Kooperation, die anderen Kadavergehorsam und bedingungslose Gefolgschaft.

Merkels Rede geriet fast schon zu einer Abrechnung mit US-Präsident Donald Trump. Sie betonte den Wert der internationalen Kooperation, die man "nicht einfach zerschlagen" dürfe. Anderenfalls brauche sich auch niemand zu wundern, bald "allein zu Hause zu sein". Die Bundeskanzlerin verteidigte die Kooperation mit Moskau im Energiebereich und die Nord -Stream-2-Pipeline. Auch die Iran-Politik der derzeitigen US-Administration kritisierte sie offen. Es sei nicht klug, die einzige vertraglich abgesicherte Kooperation mit Teheran ohne Not aufzukündigen. Über Strafzölle gegen deutsche Autos und deren möglicherweise bevorstehende Einstufung als Sicherheitsrisiko zeigte sie sich "schockiert".

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US-Vizepräsident Mike Pence entgegnete mitunter monoton, aber in der Sache um nichts weniger scharf: "Die Zeit für unsere europäischen Partner ist gekommen, an unserer Seite zu stehen", sagte er in einer Rede unmittelbar nach Merkel. "Das iranische Regime befürwortet einen Holocaust und versucht ihn auch zu erreichen." Die US-Regierung gebe überdies deutlich mehr für Rüstung aus, und die Europäer in der Nato müssten es Washington gleichtun. Der Westen dürfe sich nicht vom Osten abhängig machen. Sein, Pences, Dank gehe an alle europäischen Partner, die Nord Stream 2 ablehnen. Europäische Gefolgschaft wollte der US-Vizepräsident auch im Streit um den chinesischen Netzwerk-Ausrüster Huawei sehen.

Pences Vorgänger Joe Biden schlug stattdessen ganz andere Töne an. Auch er kritisierte die Trump-Regierung ganz offen und sprach über das "andere Amerika, das nicht durch Exempel der Macht, sondern die Macht des Exempels" führe. Derzeit gebe jemand im Weißen Haus ein Beispiel ab, über das er nicht sprechen wolle. Aber: "Auch das wird vorübergehen. Ich verspreche euch: We will be back!" Er sei in diesen gefährlichen Zeiten ein unerschütterlicher Verfechter der Nato und ein großer Unterstützer der EU – ohne beide Organisationen hätte es niemals eine so lange Periode des Friedens auf dem Kontinent gegeben. (Christoph Prantner, 17.2.2019)