Weitere 140 bis 150 Millionen Euro sollen in den kommenden drei Jahren in Österreichs Biomasse geschaufelt werden.

APA

Die Stimmung ist aufgeheizt, das Geschäft mit Biomasse wird zum politischen Hickhack. Dutzende Anlagen stehen in Österreich angesichts des Auslaufens der Förderungen auf der Kippe. Gegen den Willen der SPÖ versucht ÖVP-Umweltministerin Elisabeth Köstinger nun die Subventionen über ein Grundsatzgesetz durchzupeitschen. Damit sollen 47 Kraftwerke weitere drei Jahre lang in Summe 140 bis 150 Millionen Euro erhalten.

Hans Michael Offner beobachtet die Debatte mit Kopfschütteln. "Jeder wusste vom ersten Tag an, dass die Förderung nach 13 Jahren ausläuft. Sie war zuletzt ein reiner Schlag ins Wasser." Der Kärntner Holzindustrielle diente 15 Jahre lang als Vorsitzender der österreichischen Sägeindustrie, die Hälfte davon war er auch Präsident des europäischen Branchenverbands.

Kostenlose Durchleitung

Offner pocht auf ein komplettes Umdenken auf dem Markt für Biomasse. Er kontaktierte diesbezüglich auch Köstinger. Als Privatperson, wie er sagt, da er keine öffentliche Funktion mehr innehabe.

Alte, nicht mehr effiziente Anlagen gehörten außer Betrieb genommen, fordert Offner. "Darüber muss man reden dürfen." Alle anderen sollten ihren Strom künftig selbst verkaufen, also selbstständig als Händler auftreten können. "Zugleich erhalten sie das Recht auf kostenlose Durchleitung, also das Peagierungsrecht." Aus Offners Sicht wäre dies die günstigste Form der Förderung und der richtige Weg für die gesamte österreichische Ökostrombranche.

Subventionen müssten generell reduziert werden, das sei im Interesse der Staatsbürger. Offner kritisiert, dass im Biomassegeschäft in den vergangenen Jahren vieles verschlafen worden sei. Es könne auch nicht sein, dass Energieversorger hier am meisten kassierten. "Ich sehe nicht ein, warum in Wien Strom gefördert werden muss."

Höherer Wirkungsgrad

Zur Diskussion stellt er zudem den Wirkungsgrad der Kraftwerke von 60 Prozent, an den die Förderung gekoppelt ist. "Das kann nur die unterste Grenze sein. Sinnvoll wären sicherlich 70 Prozent."

Dass es die aktuellen hohen Tarife in Zukunft nicht mehr spiele, müsse allen klar sein, ergänzt Offner. Schließlich hätten die bisherigen Förderungen auch die Investitionskosten berücksichtigt.

Dass die Biomasse wirtschaftlich unter Druck steht, ist nicht neu. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu wirtschaftlichen Schieflagen der Anlagen, für die Steuerzahler doppelt in die Tasche greifen müssen – in Form hoher Förderungen und Ökostromaufschläge. In einem Fiasko endete etwa die Investition von Kärntens Stromversorger Kelag und der Bundesforste in fast 30 Holzverbrennungsanlagen, die mit einem Drittel gefördert wurden. 2011 konnten nur ein Schuldennachlass der Banken und ein Verkauf der einzelnen Standorte eine Pleite vermeiden. Auch im einstigen Biomassevorzeigeprojekt Güssing im Burgenland kam es zum wirtschaftlichen Desaster.

Teures Holz

Grund der Schwierigkeiten ist die Kombination aus hohem Holz- und niedrigem Strompreis. Auch ökologisch ist die Biomasse nicht unumstritten, insbesondere wenn nur Strom erzeugt wird und die Abwärme ungenutzt bleibt. Dann gilt der Wirkungsgrad als zu gering. Befürworter verweisen auf die Nachhaltigkeit, da mehr Holz nachwächst, als verbrannt wird.

Köstinger setzt mit ihrem neuen Vorstoß einen umstrittenen Schritt. Die SPÖ tobt, weil die ÖVP-Politikerin die Materie mit einem Grundsatzgesetz regeln will, das dann den Ländern die Ausführungsbestimmungen überlässt. Damit verlieren die Sozialdemokraten ein Vetorecht im Bundesrat. Die rote Umweltstadträtin in Wien, Ulli Sima, wirft Köstinger vor, "die Verfassung mit Füßen zu treten". Tatsächlich ist die Kompetenz des Bundes als Grundsatzgesetzgeber genau so in der Verfassung vorgegeben, wie Köstinger vorgeht. Ungewöhnlich ist der Schritt dennoch.

Unterschiedliche Regelungen

Da mit der Liberalisierung des EU-Energiemarktes die Länderkompetenzen als nicht zeitgemäß erachtet wurden, begann man, Energiegesetze als Bundesmaterie zu beschließen. Damit kein Konflikt mit der Verfassung entstand, wurden die Bestimmungen mit Zweidrittelmehrheit abgesichert.

Das gilt auch für das Ökostromgesetz. Wenn nun Länder Ausführungsgesetze beschließen, könnte es wieder zu unterschiedlichen Regelungen kommen. Das gilt beispielsweise für die Einspeisetarife für Ökostromanlagen. Hier darf erwartet werden, dass die Kommunen massiv Druck auf die Länder ausüben werden, damit die Gemeindebetriebe ausreichend Unterstützung erhalten. (Verena Kainrath, Andreas Schnauder, 18.2.2019)