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Flüchtlinge in einem Zeltlager in der afghanischen Provinz Herat: Nach 45 Jahren Besetzung, Krieg und Ringen um die Macht mit den radikalislamischen Taliban wurden auch innerhalb des Landes viele Tausende Menschen aus ihren Heimatregionen vertrieben.

Foto: REUTERS/Mohammad Ismail

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Rückkehr aus der Politpension: Zalmay Khalilzad verhandelt für Trump mit den Taliban.

Foto: Reuters/U.S embassy

Zalmay Khalilzad ist wieder da, George W. Bushs Sondergesandter für Afghanistan nach 9/11, als die USA das Taliban-Regime, das Osama bin Ladens Al-Kaida beherbergte, in Kabul stürzten. US-Präsident Donald Trump hat "Zal", der später Botschafter in Kabul, Bagdad und bei der Uno war, als seinen Afghanistan-Beauftragten aus der Privatwirtschaft zurückgeholt: Und seit Ende Jänner werden "bedeutende Fortschritte" bei Verhandlungen mit den Taliban verkündet.

Was Trump will, ist klar: heraus aus Afghanistan, nach mehr als 17 Jahren Krieg. Im Dezember verkündete er, 7000 der noch dort stationierten 14.000 US-Soldaten abziehen zu wollen – wobei man stets ergänzen sollte, dass sich die Zahl der Angestellten von privaten Sicherheitsunternehmen, die für die USA tätig sind, auf etwa 25.000 beläuft.

Der politische Paradigmenwechsel, der die laufenden Verhandlungen mit den Taliban ermöglicht, ging schleichend vor sich. Seit 2011 setzt sich die Erkenntnis, dass ohne Beteiligung der Taliban kein Frieden in Afghanistan zustande kommen wird, langsam durch. Zuvor war es jahrelang politisch inkorrekt gewesen, die Taliban auch als aufständische Paschtunen und nicht nur einfach als Al-Kaida-Terroristen zu bewerten.

Ghani erwägt Ratsversammlung

Manche Beobachter fürchten jedoch, dass das Pendel nun zu stark in die andere Richtung ausschlägt. Die USA haben den Taliban zugestanden, dass zuerst über ihren Truppenabzug und erst dann über eine politische Langzeitlösung für Afghanistan verhandelt wird. Bisher zeigen die Taliban wenig Interesse, sich mit anderen afghanischen Gruppen an einen Tisch zu setzen, und auch, ob sie ihren bewaffneten Kampf einzustellen bereit sind, ist nicht abzusehen. Der Regierung von Präsident Ashraf Ghani, die einen längerfristigen Waffenstillstand will, zeigen sie die kalte Schulter. Dieser überlegt, eine Loya Jirga – eine große Ratsversammlung – einzuberufen, an der alle Fraktionen teilnehmen sollen.

Der Rahmen, der die bisherigen Gespräche zwischen den Taliban und den USA begrenzte, ist recht einfach erklärt: Die USA ziehen ab, und die Taliban sorgen dafür, dass von Afghanistan kein internationaler Jihadismus mehr ausgeht. Das heißt: Die USA sind bereit, die Taliban quasi als Wächter am Hindukusch zu akzeptieren.

Zwei Assoziationen zur jüngeren Geschichte liegen dabei auf der Hand: Zum einen besteht die Angst, dass heute das Gleiche passiert wie nach dem Abzug der Sowjets 1989 – dass sich ohne ausländischen Garanten die neue Regierung nicht halten kann und erst recht wieder ein Bürgerkrieg ausbricht, der die ganze Region destabilisiert.

Der zweite Gedanke betrifft die Position Washingtons: Auch als die Taliban Mitte der 1990er-Jahre ihren Siegeszug in dem zwischen Warlords zerrissenen Land antraten, wurden sie von Teilen der US-Regierung erst einmal als stabilisierende Kraft akzeptiert. Aber 1996 kehrte Osama bin Laden aus dem Sudan nach Afghanistan zurück – und die Taliban entwickelten sich anders als von den USA vorgesehen: eine Geschichte, die in den Terrorangriffen auf New York und Washington am 11. September 2001 kulminierte.

Offiziell ist die US-Linie, dass der Abzug nur Teil eines größeren Abkommens wird, das den innerafghanischen Konflikt löst. In welches System sich die Taliban einbinden lassen, ist schwer zu sagen: wirklich in eine Art pluralistische Ordnung? Oder wird es doch eher ein Scharia-Staat mit etwas Toleranz für andere werden?

Chefverhandler Baradar

Chefverhandler für die Taliban ist Mullah Abdul Ghani Baradar, der das politische Büro der Gruppe in Doha leitet. Baradar, der ab 2010 in Pakistan im Gefängnis saß, wurde extra zu diesem Zweck freigelassen. Er ist Gründungsmitglied der Taliban und die Nummer zwei hinter Mawlawi Hibatullah Akhundzada, Chef seit 2016.

In Pakistan, dem ja stets die Unterstützung der Taliban vorgeworfen wurde, nimmt man die Verhandlungen mit Befriedigung zur Kenntnis. Dort ist soeben der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman mit großem Pomp zu Gast und versucht, unter anderem mit einer dicken Brieftasche, die Beziehungen zwischen Riad und Islamabad zu verbessern: Saudi-Arabien ist wenig erfreut darüber, dass die USA Katar so ohne Weiteres als Angelpunkt der Taliban-Verhandlungen akzeptieren.

Flüchtlinge in einem Zeltlager in der afghanischen Provinz Herat: Nach 45 Jahren Besetzung, Krieg und Ringen um die Macht mit den radikalislamischen Taliban wurden auch innerhalb des Landes viele Tausende Menschen aus ihren Heimatregionen vertrieben.(Gudrun Harrer, 19.2.2019)