Berlin – Zum ersten Jahrestag der Ermordung des slowakischen Journalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten hat die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) die slowakischen Behörden aufgefordert, unabhängige Ermittlungen sicherzustellen. Die Ermittler hätten zwar eindeutige Fortschritte erzielt, doch gebe es immer wieder Anzeichen politischer Einflussnahme.

Politiker des Landes sollten "alles dafür tun, Polizei und Justiz in ihrer unabhängigen Arbeit zu unterstützen und so ein sicheres Umfeld für Journalisten zu schaffen", erklärte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr am Mittwoch in Berlin. Leider sei in der Slowakei immer noch oft das Gegenteil der Fall, beklagte Mihr. Einigen Politikern gehe es nur darum, ihren Ruf zu schützen. So habe die Regierungspartei Smer kürzlich einen umstrittenen Gesetzesentwurf eingebracht, nach dem Medien mit hohen Strafzahlungen belegt werden können, wenn sie Politikern, die sich von Berichterstattung in ihrem Ruf oder ihrer Privatsphäre verletzt sehen, keine Möglichkeit für Erwiderungen einräumen. Peter Bardy, Chefredakteur von Kuciaks Nachrichtenseite Aktuality.sk, kritisierte dies als Versuch, "unabhängige Medien zu knebeln und zu bestrafen".

Einschüchterungen

Zudem seien Organisatoren von Massenprotesten und Unterstützer der Bewegung "Für eine anständige Slowakei" eingeschüchtert und juristisch verfolgt worden, kritisierte Reporter ohne Grenzen.

Der 27-jährige Kuciak und seine Verlobte Martina Kusnirova waren wie berichtet am 21. Februar 2018 zu Hause in ihrem Dorf Velka Maca, 65 Kilometer östlich von Bratislava, erschossen worden. Der Reporter hatte zu Verbindungen zwischen der italienischen Mafia und der slowakischen Regierung recherchiert, sein unvollendeter Artikel wurde nach seinem Tod veröffentlicht.

Der Mord an dem Journalisten hatte Massendemonstrationen gegen die Regierung ausgelöst und schließlich zum Rücktritt von Ministerpräsident Robert Fico geführt.

Im September 2018 verhaftete die Polizei vier Tatverdächtige, unter ihnen Alena Zs. Sie arbeitete für den slowakischen Geschäftsmann Marian Kocner, über dessen Geschäftsverbindungen Kuciak wiederholt geschrieben hatte, zum letzten Mal kurz vor seinem Tod. Kocner ließ Kuciak überwachen, Ende 2017 bedrohte er den Journalisten am Telefon. Kuciak meldete den Drohanruf bei den Behörden, es geschah jedoch nichts.

Der Multimillionär Kocner sitzt seit Sommer 2018 in Haft, da gegen ihn mehrere Verfahren wegen anderer Vergehen laufen. Inzwischen wird gegen ihn auch im Fall Kuciak ermittelt. (APA, 20.2.2019)