Als ob er mit Gewalt beweisen wollte, dass er ein waschechter Burger ist, spuckt er beim ersten Reinbeißen einen ordentlichen Batzen Sauce auf die Beinkleider. 1:0 für den Smoky Burger bei Veggiezz. Und auf einmal ist klar, dass das Besteck nicht nur bereitliegt, damit die Serviette nicht davonfliegt. Mit Messer und Gabel funktioniert das Essen dann bedeutend besser, und schlechter schmecken tut es auch nicht.

Lollo rosso, Balsamicozwiebel, Essiggurken, Tomaten und Champignons sind das zierende Beiwerk zum veganen Patty. Der Fleck auf der Hose schmeckt nach Barbecuesauce und gibt dem Burger wohl das rauchige Aroma für den Namen. Der Patty besteht wahlweise zum Großteil aus Grünkern, Seitan oder Erbsenprotein. Und nein, man versucht nicht einmal den Geschmack von Fleisch zu imitieren. Veggiezz will nicht einmal ein typisches Fast-Food-Restaurant sein.

Ein guter veganer Burger ist mehr als ein Trumm Gemüse in einem faden Teig und sogar für Fleischfans ein Genuss.
Foto: Wolf-Dieter Grabner

Nordisch by Nature

Die gesamte Einrichtung mit kleinen Tischen im Shabby Chic und Vintagelook wirkt fast unterkühlt nordisch. Neben der Küche steht in großen Lettern an der Wand: "Freshfood statt Fastfood". Und Veggiezz bediente sich der Ideen des österreichischen Haubenkoches Sigfried Kröpfel, um "einen weiteren Schritt in Richtung Fine Dining" zu schaffen. Im Lokal am Opernring sitzen gegen Mittag vor allem Touristen. Nicht alle essen Burger. Die Speisekarte ist reichhaltig. Nicht alle werden sich anpatzen.

Mehr als nur vegane Burger findet man auch in der Swing Kitchen. Da reden wir nicht nur von Wraps, Nuggets und Torten, sondern von einem kompletten Konzept der Nachhaltigkeit, das Irene und Charly Schillinger rund um ihre Speisen gebaut und zu einem erfolgreichen Veggie-Fast-Food-Lokal gemacht haben. Dabei ist ihr Ursprung österreichischer, als man glauben möchte. Charly wuchs in einem Dorfgasthaus auf.

Mehr noch. Charly arbeitete fleißig im elterlichen Betrieb in Großmugl, 40 Minuten außerhalb von Wien, lernte Kellner, schlug dann aber einen ganz anderen Weg ein, er wurde Broker und Fondsmanager. 1988 besann er sich auf die vegetarische, 1998 auf die vegane Küche. Weil für ihn das Vegane und das Asketische nicht unbedingt zusammengehören, war es an der Zeit, etwas Neues zu machen. Gemeinsam mit seiner Frau Irene stellte er die Küche des Landgasthofes nach und nach komplett um. Die rustikale Hausmannskost blieb erhalten, aber alles wurde rein pflanzlich zubereitet. Schnell wurde das Gasthaus Schillinger zur Pilgerstätte für Vegetarier und Veganer.

Doch 2017 mussten die Schillingers das Gasthaus schließen. Inzwischen betrieben sie vier Filialen ihrer Swing Kitchen, eines veganen Fast-Food-Restaurants, in Wien und Berlin. Der Lebensmittelpunkt wanderte nach Wien, und sie mussten sich für einen Weg entscheiden.

In der Swing Kitchen in der Schottenfeldgasse ist es bunt. Man sitzt entweder an einem der kleinen Tische oder an einer langen Bar, die direkt an der Glasfassade entlang führt. So kann man beim Essen das Leben draußen beobachten. Manchmal scheint sich der Spieß aber umzudrehen. Vor allem dann, wenn ein Passant bemerkt, dass der Burger, mit dem man sich gerade angepatzt hat, vegan ist. Und während man selbst mit der Serviette versucht, die schlimmsten Flecken von der Hose zu bekommen, untersucht der Passant recht unverhohlen, durch das Glas, den Burger.

Kein Glas steht auf dem Tablett. Der Becher, in den das Cola direkt aus der Schank sprudelt, ist aus Maisstärke. In diesem Lokal gibt es kein Detail, das nicht auf seine Nachhaltigkeit überprüft ist. "Unsere Postmixgetränke verbrauchen gegenüber Mehrwegglasflaschen 90 Prozent weniger CO2, und durch nicht erforderliche Kühlschränke werden zusätzlich 40 Prozent Energie eingespart", erklärt Irene Schillinger.

Ressourcen schonen

Über der Budel – in der Swing Kitchen bestellt man an der Theke und holt auch dort sein Essen nur wenige Momente nach der Bestellung ab – ticken mehrere digitale Anzeigen. Ständig wird berechnet, wie die Umwelt vom Verzehr der veganen Burger profitiert. Irene Schillinger: "Da vegane Speisen massiv ressourcenschonender erzeugt werden, spart man enorme Mengen an Wasser, Getreide, Ackerland und CO2 ein, wenn man die pflanzliche Variante wählt. Diese Differenz wird von unserem Counter erfasst und dargestellt."

Das, und das Vermeiden von Tierleid, sind ganz bestimmt wichtige Gründe für Menschen, sich vegan zu ernähren. Die Gäste während unseres Besuchs sind jung, modern und aus Wien. Mehr als die Hälfte von ihnen ernährt sich nicht vegan, haben Erhebungen gezeigt. Auffallend sei aber, "dass unsere Gäste zu circa zwei Dritteln Frauen sind". Ist der Grund dafür der Wunsch nach einer gesunden Ernährung?

Expansion

"Unsere Speisen sind verglichen mit tierlichen Snacks sicher gesünder", sagt Irene Schillinger. Und sie schmecken hervorragend, das darf man an dieser Stelle auch sagen. Zum genussvollen Abnehmen sind sie wohl aber nur bedingt geeignet. Denn der Swing Burger bringt es auf fast 850 Kilokalorien. Nimmt man dann noch Pommes frites dazu, die mit 400 Kilokalorien auf die Hüfte hupfen, sind wir bei 1.100 Kilokalorien. Die Sauce auf der Hose haben wir natürlich generös abgezogen.

Übersehen darf man auch nicht: Der Pionier der Fast-Food-Veggie-Burger in Österreich ist McDonald's, und heuer hat man eine Veggie-Offensive gestartet. Details zu Umsatz- und Verkaufszahlen wie Marktverteilung will man uns nicht verraten. Bei der Swing Kitchen läuft es, wie Irene Schillinger bestätigt, gut: "Wir haben im Schnitt 300 Gäste pro Tag und Restaurant. Demnächst werden wir in Bern unser insgesamt neuntes Restaurant eröffnen und sind damit bereits in Österreich, Deutschland und der Schweiz vertreten."

Wie geht es den Wiener Wirten mit dem Veggie-Boom, fragen wir Christian Werner, Chef des typisch Wiener Gasthauses Stern in Simmering: "Wir haben vegetarische und vegane Speisen auf der Karte, und die werden auch nachgefragt, eigentlich kommen die Gäste aber zu uns, weil wir für unsere Innereien bekannt sind." Wer sich einmal mit einem Beuschel angepatzt hat, weiß, am Ende ist das Gfrett eh immer das Gleiche. (Guido Gluschitsch, 23.2.2019)

Weiterlesen:

Genussforum: Welche sind die besten vegetarischen Lokale?

Die nervigsten Trends in Restaurants