SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ist unter die Briefschreiberinnen gegangen: Nachdem sie von Innenminister Herbert Kickl aufgefordert worden war, konstruktiv an der vom freiheitlichen Innenminister gewünschten Einführung einer Sicherungshaft für Asylwerber mitzuwirken, schreibt sie zurück: "Die SPÖ steht Gesprächen nicht im Weg, wir möchten diese aber auf Basis von seriösen Daten, Fakten und juristischen Expertisen führen, um die richtigen Ableitungen treffen zu können. Keinesfalls dürfen wir solche schrecklichen Vorfälle wie jenen in Dornbirn politisch instrumentalisieren."

In dieses "Wir" schließt die Oppositionschefin den Minister mit ein, denn "dieses verantwortungsvolle, seriöse Handeln sind wir allen Österreicherinnen und Österreichern schuldig, und zwar egal in welcher Funktion, ob als Regierungsmitglied oder als Opposition im Parlament".

Rendi-Wagner gibt die Linie für ihre Partei vor.
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Rendi-Wagner gibt damit die Linie für ihre Partei vor – keine Zustimmung zu den Regierungsplänen, bevor der "Fall Dornbirn" (wo allem Anschein nach ein Beamter von einem Asylwerber getötet worden ist, für den Türken gilt die Unschuldsvermutung) aufgeklärt ist. Die SPÖ wünscht sich dazu eine Taskforce beim zuständigen Justizminister unter Leitung eines unabhängigen Richters oder einer Richterin. So soll geprüft werden, ob es zu Behördenversagen gekommen ist.

Der Adressat von Rendi-Wagners Brief wird aufgefordert, "dieser umfassenden Aufklärung des rechtlichen Sachverhalts nicht im Wege zu stehen". Denn je früher der Fall geklärt sei, desto früher könnten politische Gespräche beginnen.

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Gedacht ist der Brief offenbar aber nicht nur für seinen Adressaten, denn unterschiedliche Exponenten der SPÖ hatten in den vergangenen Tagen unterschiedlich stark zu einer Unterstützung der Pläne Kickls geneigt: So hatte der künftige burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil gemeint, dass eine eventuell einzuführende Sicherungshaft nicht selektiv auf Ausländer angewendet werden dürfte.

Und der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (ebenfalls SPÖ) hatte laut darüber nachgedacht, ob eine Sicherungshaft für Männer, die Frauen bedrohen, ein richtiger Schritt sein könnte. Am Dienstag bremste Ludwig sich ein: Ihm gehe es darum, wie man Gewalt gegen Frauen im Allgemeinen verhindert: "Was passiert, wenn jemand trotz Wegweisung seine Aggression fortsetzt? Da bin ich schon der Ansicht, dass man solche Personen überzeugen kann, wenn man sie tageweise in Gewahrsam nehmen kann."

FPÖ verspottet SPÖ

Einen direkten Zusammenhang mit den Plänen Kickls will Ludwig dabei nicht erkennen. Daraufhin spottete der geschäftsführende Wiener FPÖ-Chef Johann Gudenus: "Offenbar kennen sich die Genossen mit der Sicherungshaft überhaupt nicht aus." Die Sorge der Sozialdemokraten, dass Ausländer diskriminiert wären, wenn nicht auch gefährliche Inländer in Haft genommen werden könnten, sei unbegründet, denn geltendes EU-Recht zielt explizit auf diese Zielgruppe ab, da eine Außerlandesbringung lediglich für Asylwerber, nicht aber für straffällige Österreicher möglich ist."

Michael Ludwig: "Bin der Ansicht, dass man solche Personen überzeugen kann, wenn man sie tageweise in Gewahrsam nehmen kann."
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Auch aus der linken Ecke gab es Kritik an den Überlegungen von Doskozil und Ludwig: "Niemand außer der schwarz-blauen Bundesregierung hat diese Diskussion gesucht – manche in unseren Reihen haben sie dennoch geführt, den Ball aufgenommen und damit niemandem außer dieser Regierung einen Dienst erwiesen," kritisierte etwa die Junge Generation in der SPÖ Niederösterreich.

Und Tierschützer treibt die Sorge um, dass die Einführung des Instruments der Sicherungshaft dazu führen könnte, das Aktivisten vorsorglich in Haft genommen werden könnten. Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) schießt sich dabei besonders auf Doskozil ein. Die Aktivisten werfen ihm vor, in seiner Zeit als burgenländischer Polizeichef Sperrzonen errichtet zu haben, um "Gatterjagden" des Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly zu schützen.

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Und während die FPÖ die Opposition "in die Pflicht nehmen" will, wie es Parteichef Vizekanzler Heinz-Christian Strache formuliert, stützen Experten die Annahme von Rendi-Wagner, dass ein Behördenversagen vorliegen könnte, das untersucht werden sollte. Norbert Leonhardmair vom Vienna Center for Societal Security sagt: "Juristische Schnellschüsse werden das Problem nicht lösen."

Tiroler SPÖ-CHef schließt Verfassungsmehrheit aus

Nachdem er sich zunächst noch gesprächsbereiter gezeigt hatte, hat der designierte Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer nun ausgeschlossen, dass die SPÖ der von Regierungsseite gewünschten Sicherungshaft für Asylwerber die benötigte Verfassungsmehrheit verschaffen wird. In der ZiB2 des ORF verwies er auf die Freiheit als eine der vier SP-Grundprinzipien, deshalb sei eine Zustimmung ausgeschlossen.

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"Wenn das massiv eingreift in Freiheits- und Grundrechte, dann ist dafür die SPÖ nicht zu haben", unterstrich Dornauer am Dienstagabend. Er erwarte aber ohnehin keine entsprechende Regierungsvorlage, weil die Experten keine Tatbestände beschreiben könnten, die so eine präventive Maßnahme definieren würden. Über Maßnahmen im Rahmen der Gewaltschutzgesetze könne man im Rahmen einer sicherheitspolitischen Debatte aber reden. (Conrad Seidl, red, 26.2.2019)