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Sein Vater soll Michael Cohen ins Gewissen geredet haben.

Foto: REUTERS/Brendan McDermid

Donald Trump war einmal Michael Cohens großes Vorbild. Der Reichtum, der Glamour, die Schlagzeilen, das alles hat schon dem Teenager Michael Cohen sehr imponiert. Gleich zweimal, plauderte er vor Jahren aus, las er in seiner Jugend "The Art of the Deal", den von einem Ghostwriter verfassten Business-Ratgeber des Bauunternehmers. Kein anderes Buch, sagte er, habe er so lehrreich gefunden wie dieses.

Später, im Taxigeschäft New Yorks zu Geld gekommen, kaufte er ein Apartment im Trump World Tower, einem 72 Stockwerke hohen Wolkenkratzer ganz in der Nähe des UN-Hauptquartiers am East River. Dem ersten Immobiliendeal folgten weitere, in Gebäuden namens Trump Palace und Trump Park Avenue, bis ihn die Trump-Organisation als Juristen einstellte. Cohen war mehr als nur ein Anwalt, er brachte Geschäftsideen ein, knüpfte Kontakte, bisweilen war er zuständig fürs Grobe.

Seiner beinharten Methoden wegen kam er zu seinem Spitznamen: Tom, nach Tom Hagen, im Film "Der Pate" der Consigliere des Mafiabosses Vito Corleone. Noch vor zwei Jahren beschrieb er seine Rolle mit Sätzen, die an einen Leibwächter denken ließen. "Ich bin der Typ, der eine Kugel abfangen würde, würde jemand auf den Präsidenten schießen", sagte er dem Magazin "Vanity Fair". "Ich würde niemals davonrennen."

Moralischer Kompass

Vor Gericht in Manhattan, wo sich der Jurist für unterschlagene Steuern ebenso verantworten musste wie für die Zahlung von Schweigegeld im Wahlkampf, haben sich die Treueschwüre dann in ihr Gegenteil verkehrt. Blinde Loyalität gegenüber Trump habe ihn seinen moralischen Kompass vergessen lassen, gab er reumütig zu Protokoll. "Wieder und wieder empfand ich es als meine Pflicht, seine schmutzigen Taten zu vertuschen." Trump bezichtigte Cohen anschließend der Lüge.

Während Cohen im Dezember zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde, sprach sein ehemaliger Chef von einem Rechtsberater, der ihn falsch beraten habe. "Er war Anwalt, und als solcher sollte er die Gesetze kennen", zog sich der Präsident elegant aus der Affäre. "Ich habe ihn zu keiner Zeit angewiesen, etwas Falsches zu tun. Von einem Anwalt darf man erwarten, dass er das Richtige tut. Deshalb zahlt man ihm ja eine Stange Geld."

Einflussreicher Vater

Was Cohen einst mit Trump verband, war nicht zuletzt der Ehrgeiz, es den Arrivierten, Etablierten Manhattans mal so richtig zu zeigen. Beide wuchsen in Vierteln auf, die aus der Perspektive der Skyscraper-Insel schon nicht mehr zu New York gehörten: Trump in einer Villengegend im provinziell anmutenden Stadtteil Queens, Cohen in einem Pendlervorort auf Long Island. Letzterer studierte Jus in Michigan, 1994 heiratete er Laura Shusterman, die Tochter eines aus der Ukraine stammenden Unternehmers. Der wiederum hatte kräftig ins New Yorker Taxigeschäft investiert und verhalf nun auch seinem Schwiegersohn zu damals, lange vor dem Siegeszug von Uber, noch höchst lukrativen Taxilizenzen. 2006 fing Cohen als Jurist in Trumps Immobilienfirma an.

Sein Vater Maurice, ein Chirurg, machte als Kind eine Odyssee durch, die er in einem Brief an den Richter, der seinen Sohn verurteilte, noch einmal aufleben ließ. Im August 1935 in Polen geboren, schrieb er, habe sich die Welt um ihn herum kurz nach seinem vierten Geburtstag in ein Inferno verwandelt. Er habe Bomben, gezielte Schüsse, Hunger, Krankheiten, Verfolgung und "die Gulags Sibiriens" überlebt, bevor er mit seiner Familie nach Kanada auswandern konnte. Folgt man dem "Wall Street Journal", dann war es maßgeblich Maurice Cohen, der seinem Sohn ins Gewissen redete, um ihn die Treuebande zum Präsidenten kappen zu lassen. Er sei dem Holocaust nicht entkommen, zitiert ihn die Zeitung, damit sein Name von Herrn Trump durch den Schmutz gezogen werde. (Frank Herrmann aus Washington, 28.2.2019)