Die SPÖ hat sich jetzt zu einem klaren Kurs durchgerungen, von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner kommt ein klares Nein zu der von der Regierung geplanten Sicherungshaft. Auch Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger legt sich im Gespräch mit dem STANDARD fest, dass es von ihr keine Zustimmung zu den Plänen der Koalition geben wird. Damit scheint die Sicherungshaft gestorben zu sein, da es für dieses Vorhaben eine Zweidrittelmehrheit im Parlament brauchte. Diese ist mit der Ablehnung von SPÖ, Neos und im Übrigen auch der Liste Jetzt nicht gegeben.

Pamela Rendi-Wagner lehnt eine Präventivhaft ab.
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Im Gespräch mit dem STANDARD erklärt Rendi-Wagner: "Der Schutz der Bevölkerung muss ein zentrales Anliegen für uns alle sein. Deshalb fordere ich eine lückenlose Aufklärung des schrecklichen Mordes in Dornbirn. Es gibt den Verdacht des Behördenversagens, deshalb wollen wir, dass unabhängige Rechtsexperten klären, ob die Inhaftierung des Tatverdächtigen bereits auf Basis der geltenden Rechtslage möglich gewesen wäre. Was ich ablehne, ist eine generelle Präventivhaft. Hier ziehe ich eine rote Linie. Eine generelle Präventivhaft und jede Art von Maßnahme, die nicht der Europäischen Menschenrechtskonvention entspricht, lehne ich entschieden ab, das ist für mich nicht verhandelbar."

"Klipp und klar"

Für die Neos stellt deren Chefin Meinl-Reisinger im Gespräch mit dem STANDARD klar: "Mit uns gibt es keine Präventivhaft. Ich fordere die Herren Kurz, Moser und Kickl auf, klipp und klar zu sagen – ist das, was Sie mit der Sicherheitshaft planen, eine Präventivhaft oder nicht?"

Beate Meinl-Reisinger: "Mit uns gibt es keine Präventivhaft."
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Justizminister Josef Moser habe sich kürzlich gemeldet, um noch einmal die Haltung der Regierung darzulegen, wonach die geplante Sicherheitshaft nur für Asylwerber und nicht für alle gefährlichen Österreicher gelten soll, wie SPÖ-Vize Hans Peter Doskozil das vorgeschlagen hat.

Das genügt Meinl-Reisinger aber nicht: "Nach dem Kickl-Vorschlag muss die Verfassungsbestimmung über die persönliche Freiheit geöffnet werden, um einen neuen Haftgrund aufgrund einer Gefährdungsprognose einzuführen. Es geht da um eine allgemeine Ermächtigung zur Sicherungshaft aus irgendwelchen Gründen wie einem nationalen Notstand. Das wäre Präventivhaft in der Verfassung. Dass das aber nur für Asylwerber gilt, müsste man extra im Fremdenpolizeigesetz regeln. Dafür gibt es überhaupt keine klaren Vorstellungen und Entwürfe vonseiten Kickls." Meinl-Reisinger hat dafür kein Verständnis: "Wir sollen dann entscheiden aufgrund von irgendetwas, das sich der Innenminister vielleicht gedacht hat."

"Vertuschungsaktion"

Die Neos-Chefin weist außerdem darauf hin, dass immer mehr Rechtsexperten meinen, die Tötung eines Beamten in Dornbirn durch einen Asylwerber hätte auch mit anderen Mitteln, etwa der Verhängung von Schubhaft, verhindert werden können. "Ich habe den Eindruck, dass da eine große kollektive Vertuschungsaktion läuft."

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Kanzler Sebastian Kurz hält Sicherungshaft für möglich.
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Auch Maria Stern, Parteichefin der Liste Pilz, ist empört. Sie wirft Kanzler Sebastian Kurz vor, die Unwahrheit gesagt zu haben. Sein Vergleich der geplanten Sicherungshaft mit der Untersuchungshaft sei faktisch falsch. Die Untersuchungshaft sei nur bei dringendem Verdacht nach einer begangenen Tat möglich, müsse von der Staatsanwaltschaft beantragt und von einem Richter genehmigt werden. Stern: "Die Rülpser des Innenministers und die Uninformiertheit des Kanzlers gefährden die nationale Sicherheit. Falls die Sicherungshaft kommt: Sind die beiden dann die ersten Insassen?"

"Schon Substanz"

Innenminister Herbert Kickl verteidigte am Donnerstag noch die geplante Sicherungshaft für Asylwerber. Voraussetzung sei eine "entsprechende Gefährdungseinschätzung", betonte er. "Da braucht es schon Substanz."

Innenminister Herbert Kickl verteidigt die geplante Haft.
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"Ich halte die Sicherungshaft für notwendig", unterstrich Kickl. Das habe nichts mit einem Angriff auf die Menschenrechte zu tun, sondern schütze vielmehr diejenigen, die potenzielle Opfer werden könnten. Sei man für den Schutz der österreichischen Bevölkerung, gelte es mit der Sicherungshaft eine Lücke zu schließen. (Hans Rauscher, Michael Völker, 28.2.2019)