Wien – Eine Antisemitismusstudie im Auftrag des Parlaments sieht in Österreich einen "Kernbodensatz" von zehn Prozent. Weiter verbreitet ist die Judenfeindlichkeit bei Menschen, die Türkisch oder Arabisch sprechen, erhob das Institut Ifes, das dafür auch auf Zahlen zur Ablehnung des Staates Israel zurückgreift. Für Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sind diese Ergebnisse "besorgniserregend", er sieht eine "gesamteuropäische Herausforderung".

Befragt wurden für die Studie 2.700 Personen in einem "Methodenmix" – also sowohl telefonisch als auch online und im direkten Gespräch. Eine sogenannte Aufstockungsgruppe stellten dabei türkisch- und arabischsprachige Personen dar, die jeweils an die 300 Befragten ausmachten. Die Studie wird demnächst fertiggestellt, ein endgültiges Ergebnis soll am 15. März vorliegen.

"Wenn es den Staat Israel nicht mehr gibt ..."

Die Muster, wo und in welchen Gruppen Antisemitismus verbreitet ist, sind laut Ifes vielschichtig. Zwar sei ein "Kernbodensatz" von zehn Prozent mit antisemitischen Einstellungen zu beobachten, dieser werde jedoch im langjährigen Vergleich geringer. Lerneffekte führten auch zu positiven Veränderungen, junge und gebildete Menschen seien zudem resistenter gegen Antisemitismus.

Weiter verbreitet ist Antisemitismus allerdings bei jenen Menschen in Österreich, die Türkisch oder Arabisch sprechen. Das zeige sich auch durch eine signifikante Ablehnung des Staates Israel. Der Aussage "Wenn es den Staat Israel nicht mehr gibt, dann herrscht Frieden im Nahen Osten" stimmten insgesamt zehn Prozent zu, arabischsprachige Menschen stimmten aber mit 70 Prozent zu, bei türkischsprachige war es knapp die Hälfte.

Keine Insel der Seligen

"Antisemitismus ist eine gesamteuropäische Herausforderung, der man sich immer wieder aufs Neue stellen muss", sagte Nationalratspräsident Sobotka. Österreich sei keine Insel der Seligen, weswegen das gesellschaftliche Problem des Antisemitismus auch in Österreich umfassend und auf wissenschaftlicher Basis beleuchtet werden müsse.

Seit längerem werde in der gesamtgesellschaftlichen Diskussion die Frage nach einem "importierten Antisemitismus" gestellt, diese dürfe aber nicht auf Grundlage von Behauptungen und Mutmaßungen erfolgen, sondern müsse auf einer soliden empirischen Basis stehen, so Sobotka. Die jüngsten Entwicklungen in Frankreich und auch anderen europäischen Staaten zeigten diese Notwendigkeit klar auf. (APA, 1.3.2019)