Konrad ärgert sich "extrem" über den Skiverband.

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Schröcksnadel sieht sich harter Kritik ausgesetzt.

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"Der hat einen Saustall in seinem Verband", sagt Wolfgang Konrad und meint Peter Schröcksnadel. Der Veranstalter des größten heimischen Sportevents, des Vienna City Marathons (heuer am 7. April), nimmt sich in seiner Empörung über den erfolgreichsten Sportverband im Land, den ÖSV, und dessen Präsidenten kein Blatt vor den Mund.

Konrad war selbst Weltklasse-Leichtathlet, nach dem Jahr 1979 warf ihn die 3.000-Meter-Bestenliste an dritter Stelle aus. Im Ausdauersport kennt er sich nicht nur als Marathon-Organisator, sondern auch als Vater aus, sein radelnder Sohn Patrick hat den Giro d'Italia im Vorjahr als Gesamtsiebenter abgeschlossen. "Natürlich ungedopt", fühlt sich Konrad senior hinzuzufügen bemüßigt, um (sich) freilich gleichzeitig zu fragen: "Wer glaubt einem österreichischen Sportler jetzt noch irgendetwas? Die Glaubwürdigkeit des österreichischen Sports geht gegen Null. Das hat alles der Herr Schröcksnadel zu verantworten. Mich ärgert extrem, dass der Verband, der die meiste Aufmerksamkeit bekommt, den größten Schaden anrichtet."

"Schröcksnadel leugnet ja auch den Klimawandel"

Mit der Einzeltäterthese, an die sich der ÖSV schon bei den olympischen Dopingskandalen in Salt Lake City (2002), Turin (2006) und Sotschi (2014) hielt, kann Wolfgang Konrad gar nichts anfangen. Verwundert ist er nicht. "Schröcksnadel leugnet ja auch den Klimawandel. Er streitet alles ab, was ihm nicht in den Kram passt. Es ist undenkbar, dass kein Trainer, kein Funktionär etwas bemerkt, wenn Sportler auf diese Art und Weise dopen." Dass Markus Gandler mit Saisonende als Sportlicher Leiter für Langlauf und Biathlon abdanken wird, kommt für Konrad nicht um Wochen oder Monate, sondern "um viele Jahre zu spät. Wenn ein Mitarbeiter in meinem Unternehmen etwas zu verantworten hätte, das mein Unternehmen derart schädigt, müsste er sofort gehen." In diesem Fall gehe der Schaden weit über das Unternehmen, den ÖSV, hinaus. "Geschädigt ist der gesamte Sport."

Nicht nur der ÖSV-Präsident, auch die Rechtfertigungen der dopenden Sportler regen den Marathon-Veranstalter auf. "Der Bernhard Kohl, der Johannes Dürr, der Max Hauke, sie alle sagen, dass es ohne Doping nicht gehen würde. Da krieg' ich die Weißglut. Damit versuchen sie nur, ihre Fehlleistungen zu rechtfertigen. Und das führt dazu, dass sich jetzt jeder junge österreichische Sportler erklären muss. Dabei gibt es ganz, ganz viele, die nicht dopen. Aber jetzt werden wieder alle in einen Topf geworfen. Nach Turin hat Schröcksnadel gesagt, er räumt auf. Nach Sotschi hat er gesagt, er räumt auf. Hat er es getan? Jetzt sagt er wieder, er räumt auf. Wie wahrscheinlich ist es, dass er es diesmal tut?"

Wortkarg

Wesentlich wortkarger als Konrad geben sich viele österreichische Sportfunktionäre – zumindest offiziell. Eine Stellungnahme des Österreichischen Olympischen Comités gab es nicht, die Bundes-Sportorganisation formulierte in Person von Präsident Rudolf Hundstorfer immerhin angemessene Empörung über die Doper und Lob für die Ermittler. Peter Schröcksnadel hat insofern sicher aus dem Turiner Olympiaskandal gelernt, als er sich bis Freitag keiner Pressekonferenz stellte. Der Bild versicherte der 77-Jährige einmal mehr, dass der ÖSV alles in seiner Macht stehende gegen Doping unternehme. Entscheidend sei für ihn, "dass die Betrüger sich Hilfe von außen, aus Deutschland, holen mussten, um ihren Betrug durchzuführen. Das ist für mich ein Beweis: Unser Verband arbeitet sauber." Eine ähnliche Sicht der Dinge könnte der scheidende Gandler am Sonntag in der Ö3-Sendung "Frühstück bei mir" vertreten.

Der estnische Skiverband, dessen Langläufer Karel Tammjärv und Andreas Veerpalu ebenfalls erwischt worden waren, begab sich nicht in eine Wohlfühloase, bemühte sich aber um Transparenz. Tammjärv gab in einer Pressekonferenz ausführlich Auskunft über sein Doping, das 2016 beim nun inhaftierten und an die Münchner Staatsanwaltschaft überstellten Erfurter Mediziner begonnen habe. Trainer Mati Alaver räumte ein, den Kontakt vermittelt zu haben: "Das ist der größte Fehler meines Lebens, und ich bereue es aufrichtig." Für die Finanzierung sei Sponsorengeld verwendet worden.

Suspendiert

Die Esten, die beiden Österreicher Hauke und Dominik Baldauf sowie der Kasache Alexej Poltoranin waren am Donnerstag nach Dopinggeständnissen auf freien Fuß gesetzt worden. Der Internationale Skiverband (Fis), dessen Präsident Gian Franco Kasper erst am Tag darauf erste und völlig erwartbare Worte zum Skandal fand, hat das Quintett suspendiert. (Fritz Neuman, Sigi Lützow, 1.3.2019)