Auf Kassenbons und anderen Zettelchen des modernen Lebens findet sich ein wahrer Chemiecocktail. Das EU-weite Verbot kommt 2020.

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Das im Thermopapier enthaltene Bisphenol A stuft die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit als "reproduktionstoxisch", "hormonell schädigend" und "besonders besorgniserregend" ein.

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Tausendmal berührt, tausendmal ist nichts passiert. Vielleicht ist aber doch etwas passiert, und wir haben es nur nicht mitgekriegt: Beim Hantieren mit Kassenbons, Fahrscheinen, Kontoauszügen und dem übrigen Zettelwerk, das der Konsum in unser Leben flattern lässt, könnten wir nämlich unsere Gesundheit gefährden. Denn dabei handelt es sich in den meisten Fällen um Thermopapier, das es ganz schön in sich hat. "Wenn Sie das Zeug angreifen, nehmen Sie zwei Dutzend Chemikalien auf", sagt der deutsche Chemiker Peter Braungart.

Chemikalien, die unser Köper nicht so einfach wegsteckt. Allen voran das umstrittene Bisphenol A (BPA), eine "Massenchemikalie mit unerwünschten Nebenwirkungen", wie es das deutsche Umweltbundesamt ausdrückt. In Produkten wie Babyflaschen bereits verboten, findet sich BPA bis heute auf Kassenbons und Co – und so kommt jeder von uns im Durchschnitt zweimal täglich mit dem Stoff in Berührung. Das Problem: Auf Thermopapier wird die Chemikalie als Farbentwickler beim Bedrucken eingesetzt, ist daher nicht fest gebunden und wird beim Hantieren automatisch über die Haut aufgenommen.

Nachweislich schädigend

Mittlerweile belegen zahlreiche Studien, dass BPA hormonverändernd, nervenschädigend und krebserregend wirkt. Es hemmt die Fruchtbarkeit und beeinträchtigt die Gehirnentwicklung von Babys und Kleinkindern. 2016 wurde BPA von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit als "reproduktionstoxisch" eingestuft, im Jahr darauf als hormonell schädigend und in Folge als "besonders besorgniserregend". Seit die Gesundheitsrisiken des Stoffes bekannt wurden, tat sich einiges in Österreich: Die meisten großen Supermarktketten haben nach eigenen Angaben mittlerweile auf Alternativen umgesattelt. Und heute setzen auch kleinere Händler wie Bioläden, Apotheken und Cafés vermehrt auf weniger bedenkliches Papier.

Bitte nicht ins Altpapier!

Der Verein für Konsumenteninformation rät Unternehmen, nicht nur zum Wohle der Kassiererinnen und Kassierer generell Kassenbons ohne chemische Farbentwickler einzusetzen – auch wenn diese um 20 Prozent teurer sind. Mittlerweile werben Firmen wie Bizerba oder Ökobon mit phenolfreiem Papier, zu deren Kunden zählen vor allem Bioläden und Reformhäuser. Die unbedenklichen Kassabons darf man sogar ins Altpapier werfen – im Gegensatz zum Thermopapier, das in den Restmüll gehört. Denn über das Altpapier gelangt BPA ins Grundwasser. Und so wieder zurück zu uns.

Digitalisierung als Lösung?

"BPA befindet sich stark im Rücklauf, Alternativen sind verfügbar", sagt Thomas Jakl, der im Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus die Abteilung für Chemiepolitik leitet. Das Problem mit den Alternativen: Sie sind oft einfach weniger gut erforscht als die bereits eingesetzten Chemikalien. Ein detailliert dokumentiertes Risiko würde dann durch eines ersetzt, das man viel schlechter einschätzen kann. Der Konsument aber erwartet Transparenz. Und er macht Druck.

Ab Jänner 2020 kommt nun das EU-weite Verbot für BPA-haltiges Thermopapier. Derweil kann man Konsumenten nur raten: Finger weg vom Bon, sooft es geht. Den größten Gesundheitsnutzen hätte wohl die Digitalisierung in diesem Bereich: Elektronische Belege via E-Mail etwa wären garantiert BPA-frei. Oder wie schon Tocotronic wussten: Digital ist besser. (Lisa Mayr, 8.3.2019)

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