Im Dezember protestierten hunderte Bewohner in Berlin-Neukölln gegen den Verkauf mehrerer Häuser an einen dänischen Pensionsfonds.

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Obwohl das Volksbegehren erst am 6. April startet, sorgt es in Berlin schon heute für ordentlich Zündstoff: "Deutsche Wohnen & Co enteignen, Spekulation bekämpfen", wird darin gefordert. Laut Umfragen ist eine Mehrheit der Berliner tatsächlich dafür, Wohnungseigentümer mit mehr als 3000 Wohnungen zu enteignen. Wie genau das angesichts der maroden Finanzsituation in Berlin funktionieren sollte, ist allerdings völlig unklar.

Unterdessen ziehen auch in anderen Städten große Wohnungskonzerne aufgrund rücksichtsloser Preispolitik und Schikanen für Altmieter immer öfter den Zorn der Bevölkerung auf sich. Den von Tilman Schaich zum Beispiel. Er setzt sich gegen den Eigentümer seines Hauses in der Münchner Isarvorstadt zur Wehr, der ihm im Rahmen der in Deutschland gefürchteten Modernisierungsankündigung eine Mieterhöhung von 675 Euro monatlich auf mehr als 1500 Euro ankündigte.

Schwierige Wohnungssuche

Mit diesem Schicksal ist er in München nicht allein. Mitte September gingen dort mehr als 10.000 Menschen auf die Straße, um gegen Mietwucher und soziale Ausgrenzung lautstark zu demonstrieren.

Die Wohnungssuche in Ballungsräumen wie München wird immer schwieriger: "Zwei Zimmer um 1100 Euro kriegt man eigentlich nicht mehr", sagt Schaich. Er erzählt von einem ehemaligen Nachbarn, der sogar selbst in der Immobilienbranche tätig ist und seit einem Jahr in seinem Büro wohnt.

Schaich und seine Mitstreiter haben in München einen Mieterstammtisch gegründet. Hier treffen sich mittlerweile regelmäßig mehr als hundert Menschen. Es kommen nicht nur Mieter, sondern immer öfter auch Vermieter. "Es gibt viele ganz tolle Vermieter", stellt Schaich klar. "Wer aber sozial eingestellt ist, kriegt Probleme mit dem Finanzamt, wenn man günstiger als der Mietenspiegel vermieten will."

Heißes Thema

Die umstrittene Modernisierungsumlage, mit der der Vermieter die Kosten für eine Sanierung auf den Mieter umlegen kann, sei nach wie vor ein heißes Thema bei den Stammtischen, auch wenn sie durch eine Gesetzesänderung mittlerweile entschärft wurde. "Das spürt man als Mieter aber kaum", sagt Schaich, "denn je teurer modernisiert wird, desto mehr kann auf den Mieter umgelegt werden."

Die Berliner Initiative beobachtet man auch in München mit Interesse. "Aber in München ist alles ein wenig schleppender", so Schaich. Besonders weil die Mieterproteste hier im Ehrenamt organisiert werden. "So etwas zu organisieren, wäre ein eigener Job."

In seinem eigenen Zuhause, das seit nunmehr zwei Jahren eine Baustelle ist, sind nur noch acht von ehemals 24 Mietern übrig, die bleiben wollen – auch wenn ihr Vermieter sie unbedingt loswerden will: Das Türschloss beim Haustor ist seit dem Sommer kaputt, weshalb sich im Keller des Hauses schon einmal Drogensüchtige angesiedelt haben.

Nächster Investor

Und kurz vor dem Winter wurde auf dem Dachboden über Schaichs Wohnung der Holzboden entfernt, "damit ich mehr heizen muss", ist er überzeugt. Er vermutet, dass sein Zuhause irgendwann an den nächsten Investor weiterverkauft wird. Und dann alles von vorn beginnt.

Der 6. April ist in Deutschland bundesweit zum Aktionstag gegen den Mietenwahnsinn ausgerufen worden, auch in München ist eine Protestaktion in Planung. (Franziska Zoidl, 10.3.2019)