Die Salzburger Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl ist geschlagen. Die Bilanz: ein Sieg der ÖVP, Verluste für SPÖ, FPÖ und Neos und ein Plus für Grüne und KPÖ. Das darüber hinaus Bedeutende verschwindet meist schnell im bunten Bild der Grafiken: Die Wahlbeteiligung lag mit 48,23 Prozent wie schon 2014 unter der 50-Prozent-Marke. Nicht einmal jeder Zweite, nicht einmal jede Zweite ist zur Wahl gegangen.

Und man braucht kein großer Prophet zu sein: Bei der Bürgermeisterstichwahl am 24. März zwischen dem ÖVP- und dem SPÖ-Kandidaten wird die Beteiligung noch weiter in den Keller rasseln. Das war noch bei jeder Stichwahl so. Zuletzt, 2017, gingen dann nur mehr rund 41 Prozent zu den Urnen. Nichts deutet darauf hin, dass es diesmal mehr sein werden – eher im Gegenteil, es stehen ja wieder dieselben beiden Männer auf dem Stimmzettel.

25 Prozent

Nimmt man die Stichwahl von 2017 als Parameter und geht von einem ähnlich knappen Ergebnis aus, dann wird sich also auch der künftige Salzburger Bürgermeister nur auf rund ein Fünftel der Wahlberechtigten stützen können. Selbst wenn man die an der Stadtpolitik weniger interessierten EU-Bürger herausrechnet, kommt man höchstens auf 25 Prozent.

Breiter Rückhalt in der Bevölkerung sieht anders aus. Das gilt übrigens auch für die im Gemeinderat vertretenen Parteien, die dann oft nur mehr einen Bruchteil der Wählerschaft vertreten, aber auftreten, als ob sie für alle Salzburger und Salzburgerinnen sprächen.

Blumentröge und Sonntagsreden

Wesentlicher Grund für die breite Wahlenthaltung sei der "Immobilismus" in der Stadtpolitik, hat der Politikwissenschafter Franz Kok neulich im STANDARD-Gespräch gemeint. Immobilismus laut Duden: "Unbeweglichkeit als geistige Haltung".

Da ist viel dran, wie ein kurzer Blick auf eines der brennenden Themen, die Verkehrspolitik in der Stauhauptstadt Salzburg, zeigt. Protestieren Anrainer und Anrainerinnen gegen den ungezügelten Touristenbusverkehr in der rechten Altstadt, werden sie mit ein paar Bäumchen in Blumentrögen abgespeist. Versucht eine Koalition aus SPÖ, Neos und Grünen wichtige Teile des Weltkulturerbe-Bezirks in der Altstadt vom Durchzugsverkehr zu befreien, wird der Plan mithilfe lokaler Medien als "Sperre" diffamiert; auch wenn es nur um die Reduktion von rund 11.000 auf rund 3.000 Fahrten pro Tag geht.

Wird hingegen publik, dass die Kilometerleistung des Salzburger Busnetzes per Fusionsvertrag von SAFE und Stadtwerken zur Salzburg AG auf den Stand von 1999 eingefroren ist, unterbleibt der Aufschrei. Öffentlicher Verkehr findet überwiegend in Sonntagsreden statt.

Das Hallenbad und die Ohnmacht

Von großen Würfen, von einem Aufbruch ist man in Salzburg ohnehin weit entfernt. Hier hat die Stadtpolitik ja schon Jahrzehnte (sic!) gebraucht, um einen Standort für ein Hallenbad zu finden, um sich letztlich in wunderbarer Weise darauf zu verständigen, dieses am alten Standort zu errichten. In diesem Klima braucht sich niemand zu wundern, dass sich die Wähler und Wählerinnen ziemlich ohnmächtig fühlen.

Johannes Voggenhuber bilanzierte seine Tätigkeit als Salzburger Stadtrat und damit als erstes grünes Regierungsmitglied Europas von 1982 bis 1987 einst in dem Buch "Berichte an den Souverän". Heute gäbe es für so einen Bericht nur mehr wenige Adressaten; der Souverän, also der Bürger und die Bürgerin, hat sich in Salzburg längst mehrheitlich von "der Stadtpolitik" abgewandt.

Vorschläge, um dieser Entwicklung gegenzusteuern, gibt es. Sie reichen im Kleinen von der Einbindung möglichst vieler Menschen in die Gestaltung ihrer Stadtteile über entscheidungsbefugte und mit Budget ausgestattete Stadtteilvertretungen bis ins Große zum übergeordneten Interessenausgleich für den Zentralraum inklusive Speckgürtelgemeinden, da der Zentralraum funktional als Agglomeration zu sehen ist. Für beides ist derzeit allerdings weder im Landtag noch im Stadtgemeinderat irgendein Interesse festzustellen. (Thomas Neuhold, 11.3.2019)