Thomas Letsch ist nicht mehr Austria-Trainer.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Die Wiener Austria kennt sich mit den Mechanismen des Fußballs aus. Da war am späten Sonntagnachmittag das nahezu absurde Bundesligaspiel gegen den SCR Altach, es wurde 1:3 verloren. Die Zuschauer in der Generali-Arena skandierten "Letsch raus", der völlig fassungslose Trainer sprach in diverse TV-Kameras ein paar Sätze des Abschieds. "Für diesen Auftritt muss man sich entschuldigen." "Es war alles zu langsam, katastrophal." "Ich bin verantwortlich für die Mannschaft."

Dass er am Tag danach bei der Austria Geschichte sein würde, wusste der 50-jährige Deutsche. Realitätsverweigerung zählt nicht zu seinen Schwächen. Am Montagvormittag wurde Letsch von seinen Aufgaben entbunden. Es war überhaupt ein großes Aufräumen in Wien-Favoriten, Andreas Ogris ist als Coach der Young Violets Austria Vergangenheit. Die dümpeln in den Tiefen der zweiten Liga, Assistent Christoph Glatzer ersetzt ihn. Ogris bekommt möglicherweise einen anderen Job angeboten, Urgesteine lässt man nicht so einfach fallen.

Notwendigkeit des Handelns

Präsident Frank Hensel und Wirtschaftsvorstand Markus Kraetschmer betonten die "Notwendigkeit des Handelns", sie wünschten Letsch alles Gute. Vorerst übernimmt Assistent Robert Ibertsberger (42) den Laden interimistisch. Sportdirektor Ralf Muhr sucht in der Länderspielpause einen Nachfolger, wobei er nicht ausschließt, dass aus Ibertsberger eine Dauerlösung werden könnte. Muhr sagte dem Standard: "Der Neue muss unsere Inhalte und Ideen umsetzen, die Philosophie der Austria leben. Ein intensives, leidenschaftliches Spiel mit dem Ball. Mit der notwendigen Flexibilität."

Muhr wollte den "üblichen Mechanismus" nicht ganz bestätigen. "Auch wenn es danach ausschaut." Die Leistung gegen Altach sei einfach unter jeder Kritik gewesen. Dass die Austria trotzdem Dritter und fix im Meister-Playoff ist, habe bei der Beurteilung der Situation keine Rolle gespielt. "Die Platzierung ist völlig egal. Die Entwicklung war einfach schwach. Dabei gab es in der Vorbereitung keine Verletzten, es gibt keine Ausreden."

Missliche Lage

Die 1:2-Niederlage zum Frühjahrsstart im Cup beim Regionalligisten GAK "hat uns alle emotional runtergerissen. Der Glaube war einfach weg." Muhr vergleicht das Dilemma mit jenem in einer zerrütteten Partnerschaft. "Irgendwann muss man sich trotz großer Bemühungen eingestehen, dass es nicht mehr funktioniert. Natürlich ist es menschlich nicht einfach, ein Scheitern einzugestehen." Die Spieler sind sich der misslichen Lage logischerweise bewusst, sie sind ja Teil der Probleme. Maximilian Sax fehlten nach dem 1:3 "ein bisschen die Worte", er sagte trotzdem: "Bis auf Salzburg und den LASK ist jeder unverdient in der Meistergruppe."

Letsch übernahm die Austria Ende Februar 2018 von Thorsten Fink. So wirklich in die Gänge ist sie, ist er, nie gekommen. Die Vorsaison wurde auf Platz sieben beendet, die Schlussbilanz ist recht bescheiden. 37 Pflichtspiele, 17 Siege, 16 Niederlagen, vier Remis, Punkteschnitt 1,49. Muhr: "Unsere Ansprüche sind weit höher. Speziell gegen Altach haben der Mut und die Bereitschaft zu einem Fußballspiel gefehlt."

Die Austria gastiert am Sonntag in der letzten Runde des Grunddurchgangs bei Sturm Graz. Es liegt in ihren Beinen, Stadtrivale Rapid zu helfen. Die Hütteldorfer unterlagen in Mattersburg 1:2, die Chance auf die Teilnahme am oberen Playoff wurde somit eindrucksvoll minimiert. Die Austria müsste Sturm schlagen, dann würde ein Heimsieg gegen Hartberg reichen. Muhr: "Wir schauen nicht auf Rapid, wir wollen uns ordentlich präsentieren. Die Mannschaft muss ein Zeichen setzen."

Was von Letsch bleibt? Ein 6:1 gegen Rapid. Muhr: "Es war zu wenig, es gab keine Entwicklung." (Christian Hackl, 11.3.2019)