Bei Finanzierungen für Start-ups handelt es sich um Risikokapital – in vielen Fällen ist es eine Fehlinvestition. Nur wenige Geldgeber ziehen dabei das große Los.

Foto: iStockphoto

Die gute Nachricht vorneweg: Die Finanzierung von Start-ups hat in Österreich im Vorjahr um ein Viertel zugenommen und mit 173 Millionen Euro ein neues Rekordvolumen erzielt. Damit konnte die heimische Szene im Europavergleich etwas aufholen. Insgesamt flossen am alten Kontinent laut dem Start-up-Barometer der Beratungsgesellschaft EY 21 Milliarden Euro in die Finanzierung junger Unternehmen, das ist ein Anstieg um elf Prozent. Unterm Strich belegt Österreich damit im Europa-Ranking allerdings nur Platz 15.

Trotz des überdurchschnittlichen Zuwachses hinkt die Alpenrepublik stark hinterher. Denn 2018 sind weniger als ein Prozent des gesamten Finanzierungsvolumens in heimische Start-ups geflossen – was bei einem Anteil Österreichs an der Wirtschaftsleistung Europas von mehr als zwei Prozent einen dürftigen Wert darstellt. "Hier zeigt sich eine Lücke, die es im Sinne des Wirtschaftsstandorts Österreich zu schließen gilt", kommentiert Thomas Gabriel, EY-Partner in Österreich. "Es fehlen hierzulande noch die ganz großen Ideen für die ganz großen Kapitalspritzen."

Halbe Milliarde für Designermode

Im Vorjahr machten die fünf größten Einzelfinanzierungen die zwei führenden Nationen bei der Finanzierung von Start-ups unter sich aus. Die größte Transaktion verbuchte die britische Farfetch, ein E-Commerce-Anbieter für Designermode, mit einer 583 Millionen Euro schweren Geldspritze. In Deutschland sicherte sich der digitale Gebrauchtwagenhändler Auto1 von einem Investmentfonds der japanischen Telekomfirma Softbank 460 Millionen Euro und wurde dabei insgesamt mit 2,9 Milliarden Euro bewertet. Damit ist er ein sogenanntes Einhorn, also ein Start-up mit zumindest einer Milliarde Firmenwert.

Kleinere Brötchen werden in Österreich gebacken, wo die größte Finanzierungsrunde dem Wiener Reiseanbieter Tourradar 41 Millionen Euro in die Kassen spülte. Mangels größerer Deals ist Wien im Städtevergleich mit Rang 26 nur unter ferner liefen zu finden: Das Volumen ging in der Bundeshauptstadt unter dem Strich um zwölf Prozent auf 104 Millionen Euro zurück. "Es hat viele kleinere Finanzierungen gegeben", relativiert EY-Experte Gabriel das rückläufige Volumen.

Mehr Corporate Venture Capital

Dennoch empfiehlt er eine Reihe an Maßnahmen, um den chronischen Mangel an Risikokapital zu lindern. Etwa durch das Forcieren von sogenanntem Corporate Venture Capital, das sind gewissermaßen konzerneigene Start-up-Finanzierer: "Viele größere Unternehmen haben erkannt, dass sie Start-ups in ihrem Umfeld haben müssen, damit sie bei Innovationen weltweit mithalten können", erklärt Gabriel.

Rund um solche Unternehmen könnten sich unter Einbringung von Universitäten eigne Start-up-Cluster etablieren. "Damit kann eine kritische Masse erreicht werden, sodass eine Aufwärtsspirale entsteht", sagt Gabriel. Die Regierung könne dazu beitragen, indem sie bei Lohnnebenkosten und Besteuerung den Hebel ansetzt.

Vorbilder sind die drei führenden Start-up-Metropolen London, Berlin und Paris, auf die fast die Hälfte des Finanzierungsvolumens in Europa entfällt. Besonders für die Entwicklung in Frankreich findet Gabriel anerkennende Worte, wo Förderungen für Gründer, die einfache Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen und Steuerzuckerln für Jungunternehmer und Geldgeber ineinandergreifen würden. "Die französische Politik verfolgt klar das Ziel, Frankreich zur Start-up-Nation Nummer eins in Europa zu machen", folgert Gabriel. (Alexander Hahn, 20.3.2019)