Der Golan, 1967 von Syrien an Israel verloren: Von 1992 bis 2009 wurde immer wieder unter US-Ägide über eine Rückgabe verhandelt.

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An den Aussendungen des US-Außenministeriums zur Nahost-Reise von Mike Pompeo der letzten Tage ist die Entwicklung abzulesen: Keine Änderung in der US-Position zum Golan sagte der Außenminister anfangs noch auf betreffende Journalistenfragen – dann plötzlich wollte er sie nicht mehr beantworten. Die Anerkennung der israelischen Souveränität über die 1967 eroberten und 1981 annektierten Golanhöhen hatte sich jedoch abgezeichnet, auch, dass dies noch während des israelischen Wahlkampfs geschehen könnte.

Washington hatte zuletzt seine Terminologie in Bezug auf den Golan von israelisch "besetzt" auf "kontrolliert" geändert. Bereits im November hatten die USA gegen eine (bedeutungslose) UN-Resolution gestimmt, die alljährlich die syrische Souveränität über den Golan bestätigt.

Der Tweet seines Chefs, Donald Trump kam, während Pompeo in Israel war. So weit so angenehm für Gastgeber und Gast. Aber die nächste Station auf Pompeos Nahostreise war am Freitag ein viel schwierigeres Pflaster, Beirut. Die libanesische Regierung will – obwohl ihr die von den USA als Terrororganisation eingestufte Hisbollah angehört – weiter US-Unterstützung für die libanesische Armee. Aber gerade der Libanon hat auch noch territoriale Fragen mit Israel offen, die alte der Shebaa-Farmen auf dem Golan (die laut Uno jedoch nicht dem Libanon, sondern Syrien gehören), und die neuere, die südliche maritime Grenze betreffend, bei der es um den Besitz von Gasvorkommen im Mittelmeer geht.

Von der Arabischen Liga kam Protest gegen die bevorstehende Anerkennung, aber zumindest in den ersten Stunden nach Trumps Verlautbarung waren die Araber ziemlich still. Das Feld wurde Ankara und Teheran überlassen, die rasch mit Verurteilungen reagierten. Es ist nicht das erste Mal, dass Trump – der ja die gemeinsame Front mit den Golfarabern gegen den Iran beschwört – den Arabern, auf gut Österreichisch gesagt, ein Hackl ins Kreuz haut. Ein Geschenk für den Iran und seine Stellvertreter. Und die Frage der Souveränität über den Golan wird wieder zum Thema gemacht. Allerdings würden die Reaktionen stärker ausfallen, wenn man es auf syrischer Seite mit Bashar al-Assad nicht mit einem Kriegsverbrecher zu tun hätte.

Reagans Reaktion 1981

Wie die Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt wird auch dieser US-Schritt keine große internationale Bewegung auslösen. Die EU hat bereits festgestellt, dass sich für sie nichts ändert. Auch für die USA war bisher stets Linie gewesen, dass territoriale Veränderungen verhandelt werden müssen. Als Israel den Golan 1981 annektierte, fror Präsident Ronald Reagan ein strategisches Abkommen mit Israel ein.

Nach dem Sechstagekrieg 1967, in dem Israel nicht nur den Golan, sondern auch das Westjordanland, den Gazastreifen und den Sinai eroberte, hielt Uno-Sicherheitsratsresolution 242 fest, dass sich Israel aus "Territorien, die im jüngsten Konflikt erobert wurden" zurückziehen müsse. Nächste Woche jährt sich zum 40. Mal der israelisch-ägyptische Friedensvertrag, der Ägypten die Halbinsel Sinai zurückbrachte. Wurde Präsident Anwar al-Sadat durch seinen Alleingang in der arabischen Welt isoliert (und 1981 ermordet), so fanden ab 1992 immer wieder israelisch-syrische Gespräche unter US-Ägide statt, allerdings parallel zu israelisch-palästinensischen.

Seit Yitzhak Rabin wurde nur unter Premier Ariel Sharon nicht mit Syrien verhandelt. Sowohl in Benjamin Netanjahus Amtszeit ab 1996 als auch ab 2009 gab es israelisch-syrische Gespräche und 2010 eine Initiative von Bashar al-Assad, die ziemlich weitgehend war, wie Ex-US-Außenminister John Kerry in seinen Memoiren berichtet. Die versprochene syrische Distanzierung von der Hisbollah blieb jedoch aus – und 2011 begann der Aufstand in Syrien.

Ging es in den 1990ern noch um die Formel "Land gegen Frieden" – im Sinne einer völligen Normalisierung -, so stand später Israels Forderung im Mittelpunkt, Damaskus möge sich aus der Allianz mit dem Iran lösen. Netanjahu bezeichnet heute die damaligen Gespräche als nicht ernsthaft, Experten widersprechen dem.

Aber auch im März 2000 – drei Monate vor dem Tod Hafiz al-Assads, des Vaters von Bashar – war man schon ziemlich weit: Damals ging es im Wesentlichen nur noch um Sicherheitsarrangements am Ufer des See Genezareth. Bill Clinton glaubte, bei einem direkten Treffen in Genf den alten Assad kraft seines Amtes zum Nachgeben bringen zu können. Er scheiterte. Heute ist die Frage der Rückgabe des Golans aus israelischer Sicht vom Tisch. (Gudrun Harrer, 22.3.2019)