Dieses Bild war Gegenstand eines Gerichtsverfahrens: Vizekanzler Heinz-Christian Strache am Wirtshaustisch mit Identitären.

Foto: Screenshot Facebook / via FPÖ Fails

Gerhard Kurzmann (Dritter Landtagspräsident Steiermark, ganz rechts) neben Luca Kerbl (Identitäre) bei Identitären-Demo in Graz im Jänner 2017.

Foto: antifa

Bei den Identitären mitzutun steht nicht im Widerspruch zu unserem Parteistatut", stellte der Grazer Vizebürgermeister Mario Eustacchio 2016 fest. Eustacchio, im November 2015 selbst Teilnehmer einer Identitären-Demo in Spielfeld, weiß, wovon er spricht.

Um über Verbindungen zwischen der FPÖ und den Identitären zu stolpern, kann man auch ganz oben beginnen: in der Bundespartei. In der Regierung.

Vizekanzler und FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache zog erst vor wenigen Wochen eine Klage gegen den Politikberater Rudolf Fussi zurück, der ihm ein "gemütliches Beisammensein" mit Identitären attestiert hatte und das auch mit Fotos belegen konnte – DER STANDARD berichtete. Vertreten wurde Strache von einem Anwalt, der auch Identitären-Chef Martin Sellner zu seinen Klienten zählt.

Rede des Innenministers

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) bezeichnete bei einer Rede auf dem rechtsextremen Kongress "Verteidiger Europas" 2016 sein Auditorium, das auch aus Identitären bestand, als "Gleichgesinnte".

Berührungsängste hatte man auch auf dem jüngsten Akademikerball im Jänner nicht: Unter den Ballgästen war neben Strache und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) auch wieder Sellner.

Gesellig ging es nach dem Fotomaterial auch im November 2018 bei einem Stammtisch des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ) in Wien zu, an dem der Wiener Vizebürgermeister Dominik Nepp (FPÖ) gemeinsam mit führenden Identitären teilnahm. "Reiner Zufall", kommentierte das sein Büro auf STANDARD-Nachfrage.

Doch man braucht sich nicht mit zwanglosen Wirtshaustreffen und Tanzveranstaltungen aufzuhalten. Sieht man sich die verschiedenen Ebenen an, in denen blaue Mandatare sitzen, also Parlament, Landtag, Gemeinderäte und Bezirksräte, findet man in einer immer größeren Dichte auch Identitäre oder Freunde dieser. Unter den parlamentarischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der FPÖ fanden und finden sich Identitäre. Von manchen musste man sich aus einschlägigen Gründen trennen, andere blieben.

Auf jeder Ebene

In der Steiermark findet man – auch abseits von Eustacchio – quasi auf jeder Ebene Bezüge zu den Identitären: Der Dritte Landtagspräsident Gerhard Kurzmann marschierte 2017 bei einer Identitären-Demo in Graz mit. Ihm zur Seite war Luca Kerbl, der 2016 als FPÖ-Bezirksobmann des Grazer Bezirks Lend und als Identitärer auf das Dach der steirischen Grünen kletterte, wo man ein Transparent entrollte und Kunstblut verschüttete.

Besonders gut vernetzt ist der Grazer Gemeinderat und Burschenschafter Heinrich Sickl, der 2018 unter Protest angelobt wurde. Der 1973 in Kärnten geborene Sickl ist Obmann des Freiheitlichen Akademikerverbandes und war in dieser Funktion lange Mitherausgeber der rechtsextremen und 2018 eingestellten Aula. Er ist der Vermieter der Identitären Bewegung Österreich, die ihre Zentrale in Graz hat.

Auch der RFJ Burgenland pflegte immer wieder gute Kontakte zum rechtsextremen Verein und richtete 2015 mit ihm einen Vortrag zum Thema "Der große Austausch" aus.

Die Sprache der Freunde

Man trifft sich auf Demos, in Büros, am Stammtisch und in sozialen Medien, und die Sprache der Identitären hat längst in blaue Politbüros Einzug gehalten. Die Grenzschutzübung der Ministerien von Innenminister Kickl und Verteidigungsminister Mario Kunasek in der Südsteiermark fand 2018 unter dem Titel "Pro Border", einem Identitären-Slogan, statt.

Strache postete 2016 und 2017 auf Facebook, dass der "Bevölkerungsaustausch", den die Identitären als Verschwörungstheorie verbreiten, bereits vollzogen sei. Ein Begriff, der nicht nur ihm gefällt: Das Manifest des mutmaßlichen Attentäters von Christchurch heißt "The Great Replacement". (Colette M. Schmidt, 27.3.2019)