Die türkis-blaue Koalition hatte es fast schon abgeschrieben, doch knapp ging es sich aus.

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Wien – Es ist vollbracht. Erstmals seit 1974 hat Österreich im Vorjahr ein Nulldefizit erreicht. Und zwar ganz knapp mit einem Plus von 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, wie die Statistik Austria am Donnerstag bekanntgab. Prognosen, wie jene des Fiskalrats, hatten damit schon länger gerechnet. Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) hingegen dürfte positiv überrascht sein, hatte er doch die Erwartungen angesichts der abkühlenden Konjunktur gebremst.

Der Unterschied zu dem vom Finanzminister noch im Jänner erwarteten Defizit von 0,15 Prozent des BIP erklärt sich damit, dass die Statistik Austria statt vorläufiger Schätzungen nun auch die Daten der Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger hat.

In absoluten Zahlen betrug 2018 der Überschuss 426 Millionen Euro. Damit ließen sich zum Beispiel fast die gesamten Schulden von Tirol und Vorarlberg tilgen oder fünf Prozent der Schulden Niederösterreichs. Die öffentliche Schuldenquote verringerte sich von 78,2 Prozent des BIP im Jahr 2017 auf 73,8 Prozent und nähert sich langsam dem EU-Zielwert von 60 Prozent an.

Günstiges Wirtschaftsklima

Für das positive Ergebnis nennt Statistik Austria Chef Konrad Pesendorfer mehrere Gründe.

  • Wachstum

Die sehr gute Konjunktur und wachsende Beschäftigung spülte Steuereinnahmen in die Staatskasse. Gleichzeitig fallen weniger Ausgaben für Sozialleistungen wie Arbeitslosgeld an.

  • Zinsen

Ein weiterer wichtiger Faktor sind die niedrigen Zinsen im Euroraum. Dank der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank kann Österreich zu günstigen Konditionen neue Schulden aufnehmen und alte Verbindlichkeiten damit tilgen.

  • Pleitebanken

Positiv für den Staatshaushalt verlaufe auch die Abwicklung der Pleitebanken (Abbaueinheiten) Hypo (Heta), Kommunalkredit (KA Finanz) und ÖVAG (Immigon). Der Schuldenstand der drei Institute sank 2018 von 14,5 Milliarden auf 8,2 Milliarden Euro. Die Strategie, sich für die Abwicklung Zeit zu nehmen, geht auf, sagt Pesendorfer.

Interessantes Detail: Von den rund 15 Milliarden Euro Hypo-Schulden waren nach vier Jahren nur mehr zwei Milliarden auf den Büchern. Von den rund 16 Milliarden Euro Verbindlichkeiten der Kommunalkredit sind es nach zehn Jahren immer noch sechs Milliarden Euro.

  • Ausgabendisziplin

Letztlich haben auch Einsparungen bei Bund, Ländern und Gemeinden einen Beitrag zum Nulldefizit geleistet. Von großen Einsparungen zu sprechen wäre übertrieben. Aber die öffentlichen Ausgaben sind in allen Kategorien, bis auf eine, langsamer angestiegen als das BIP.

Während Ausgaben für Personal, Soziales, Investitionen und Co moderat blieben, gab die öffentliche Hand im Jahresvergleich knapp sieben Prozent mehr für Förderungen aus.

Opposition: Regierung bleibt säumig

Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn kritisiert die Regierung für mangelnde Sparsamkeit. Das Nulldefizit sei alleine den Steuerzahlern zu verdanken. Die türkis-blaue Ankündigung, "im System" zu sparen, habe zu steigenden Ausgaben von knapp drei Prozent geführt.

Jetzt-Klubobmann Bruno Rossmann schlägt in dieselbe Kerbe. Die Regierung habe wenig zum Nulldefizit beigetragen: "In Anlehnung an Bill Clinton könnte man sagen: 'It's the economy, stupid!'" Stattdessen solle der Finanzminister Details zur Steuerreform vorlegen. (slp, 28.3.2019)