Dalibor Matijević in seinem "Robin Food"-Supermarkt.

Foto: Srdjan Zivulovic

Wie wird man als ehemaliger Basketballprofi und Maschinenbaustudent zum Sozialunternehmer? Danach gefragt, erzählt Dalibor Matijević, im slowenischen Celje geboren und aufgewachsen, schmunzelnd von seiner bosnischen Verwandtschaft: Auch wenn sie sonst nicht viel hatte, war ihr immer wichtig, dass genug Essen auf dem Tisch stand – "eigentlich immer mehr als nötig". Das Nachdenken über überschüssige Nahrungsmittel, im Kleinen wie im Großen, in der Familie wie auf Industrieebene, hat Matijević auf die Idee für sein mittlerweile erfolgreiches Start-up Food+X gebracht.

Start-up-Neuling war er da längst nicht mehr: Er stand bei nicht weniger als sieben Gründungen, als er mit Food+X Aufsehen erregte. Mit der digitalen Plattform, die auf der Blockchaintechnologie beruht, will Dalibor Matijević gegen die Verschwendung von Lebensmitteln kämpfen.

Der Kreislauf der Lebensmittel

Derzeit landen weltweit jedes Jahr beachtliche 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel im Müll: unverdorbene, genießbare Lebensmittel, die aus unterschiedlichen Gründen nie den Endverbraucher erreichen. "Ich habe lange gebraucht, bis ich begriffen habe, wie der Kreislauf im Lebensmittelverkauf funktioniert und wie es dazu kommt, dass Lebensmittel vernichtet werden", erinnert sich Matijević. Er fand heraus, dass die meisten Supermärkte keine Lebensmittel kaufen wollen, wenn sie ein Drittel ihrer Haltbarkeitsdauer bereits hinter sich haben. Das Risiko, sie nicht mehr rechtzeitig verkaufen zu können, sei den Märkten einfach zu groß, sagt Matijević. Dieser Umstand wurde ihm bewusst, als er im Jahr 2015 vom größten slowenischen Logistikanbieter engagiert wurde, um für ihn eine IT-Lösung zu entwickeln. Schnell entstand die Idee für seine Plattform Food+X.

Das Konzept ist einfach: Lebensmittelproduzenten oder Großhändler bieten ihre Ware, die sie am konventionellen Markt nicht unterbringen, interessierten Supermärkten, humanitären Vereinen oder Restaurants billig oder kostenlos an. "Man muss sich nur per App als Verkäufer oder Käufer registrieren und mit der anderen Seite verbinden", erklärt Matijević. "Das ist alles." Die Lebensmittel können auch via Plattform gespendet werden – das sei billiger, als die Waren zu vernichten.

"Gutes Essen für alle"

Die Plattform hat derzeit ausschließlich europäische Kunden, Produzenten und Händler aus Irland, Österreich, den Niederlanden. Doch Matijević verhandelt auch mit Unternehmen aus dem Balkanraum: "Hier gibt es großen Bedarf an günstigen Lebensmitteln in hoher Qualität", sagt der Gründer. Und wird persönlich: Seine Kindheit "in einer nicht besonders wohlhabenden Familie" in Bosnien, die wirtschaftliche Situation im Land – das habe ihn dazu motiviert, in seinen Projekten immer den sozialen Kern zu suchen.

Mit Food+X ist Dalibor Matijević deswegen selbst zum Verkäufer geworden: Unter dem Label Robin Food will er in Slowenien ein neues Konzept für einen Supermarkt etablieren, der wie ein Outlet funktioniert. So, wie in Bekleidungsoutlets die Mode der vergangenen Saison günstig angeboten wird, will er in den Robin-Food-Shops Lebensmittel verkaufen, die es wegen nahenden Ablaufdatums oder Produktionsüberschüssen nicht in die Regale normaler Supermärkte schaffen. Derzeit gibt es in Maribor und Ljubljana jeweils eine Filiale von Robin Food.

Anfänglich unterstützte ihn das Sozialamt, damit er die Waren an Bedürftige noch günstiger verkaufen konnte. Seine Märkte stehen aber allen offen: "Ich will Bewusstsein dafür schaffen, dass Nachhaltigkeit wichtig ist und dass jeder mit seinem Kaufverhalten etwas dafür tun kann."

Liebling der Medien

Dass die Medien in Slowenien und anderen ehemaligen jugoslawischen Staaten regelrecht nach guten Nachrichten und positiven Entwicklungen gieren, kam Dalibor Matijević zupass: Sie feiern den jungen Unternehmer als den Robin Hood der Nahrungsmittelbranche. Matijević freut sich über jeden Anruf der Presse und über jeden öffentlichen Auftritt. Denn in der Region sei das Thema Nachhaltigkeit "schwierig zu etablieren". Obwohl Slowenien viel mit Mitteleuropa gemein habe, brauche es hier noch deutlich mehr Bewusstsein für den Wert einer nachhaltigen Lebensweise, sagt er. Dieses Bewusstsein zu erzeugen sei sein eigentliches Ziel, betont er: genug Lebensmittel für alle – ohne dass Genießbares verschwendet oder gar vernichtet wird. (Olivera Stajić, 2.4.2019)

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