Die Bawag-Schilder werden längst abmontiert. Wie die neue "Post-Bank" heißen wird, die sich die Post kaufen will, ist noch geheim.

Nach dem Fintech-Debakel nimmt die Post einen neuen Anlauf zu einer Bankpartnerschaft. Diesmal hat sie kein neumodisches digitales Fintech-Vehikel an der Angel, sondern eine "österreichische Lösung". Nach STANDARD-Recherchen will sich die Post mit einem altehrwürdigen Institut zusammentun: dem zur Grawe-Gruppe gehörenden Bankhaus Brüll Kallmus.

In einem ersten Schritt wolle sich die mehrheitlich in Staatsbesitz (53 Prozent) befindliche gelbe Post mehrheitlich an dem Geldhaus beteiligen, erfuhr DER STANDARD von mit der Materie vertrauten Post-Insidern.

Als mittelfristiges Ziel wird in Post-Kreisen auch eine Totalübernahme angestrebt. Das für einen Einstieg notwendige Prüfungsverfahren der Bankenaufsicht sei angelaufen. Im Zuge dieses Fit&Proper-Tests prüfen Nationalbank und Finanzmarktaufsicht den Deal auf Herz und Nieren: Finanz- und Ertragskraft, das Geschäftsmodell – und wie realistisch die Annahmen des zukünftigen Eigentümers sind.

Geschichtsträchtiges Haus

Das auf Hypotheken und Wertpapiere spezialisierte Privatbankhaus wurde 1884 von Eugen Brüll und Gustav Kallmus gegründet, ist eine Tochter der Capital Bank, die der Bank Burgenland gehört, die ihrerseits zu hundert Prozent im Eigentum der Grawe steht, also der Grazer Wechselseitigen Versicherung.

Während der Nazi-Herrschaft unter Zwangsverwaltung des Wiener Giro- und Kassenvereins nahm Brüll Kallmus 1960 die Geschäftstätigkeit wieder auf, in den 1970ern stieg die damalige Creditanstalt ein, ehe die Bank 2004 zur Grawe kam, die sie in Capital Bank International umbenannte. 2008 bekam die Brüll Kallmus AG ihren ursprünglichen Namen zurück und erfuhr eine Neuausrichtung – auf institutionelle Anleger. 2014 wurde in Slowenien die erste Auslandsfiliale eröffnet.

Welche Finanzprodukte die gelbe Post mit der "Spezialbank für Handel und Emissionen von festverzinslichen Wertpapieren", der Emissionen von Anleihen und Schuldscheinen platziert (Eigenbeschreibung von Brüll Kallmus auf der Grawe-Website) konkret anbieten will, darüber wird in Banken- und Post-Kreisen gleichermaßen gerätselt.

Viel mehr als Zahlungsverkehr (Überweisungen, Ein- und Auszahlungen), Girokonten und Sparbücher dürfte es nicht sein. Genannt werden auch Instant-Kredite, wie sie mit der "Kontobox" der Bawag bis zuletzt angeboten wurden. Für höherwertige Finanzdienstleistungen fehlten der Post schlicht Know-how und Personal, sagen Kenner von Post und Bawag. Selbst die EDV-Systeme stellte Langzeit-Finanzpartner Bawag.

Projekt "Post-Bank"

Zu den gemeinsamen Zukunftsplänen der neuen "Post-Bank", wie das Projekt Finanzpartner in Post-Aufsichtsratskreisen salopp genannt wird, wollten weder Post noch Grawe Stellung nehmen. Man könne "derzeit dazu keine Stellungnahme abgeben", sagte eine Sprecherin dem STANDARD.

Bei der Post war einmal mehr das Standardrepertoire zu hören: "Wir wollen auch künftig Finanzdienstleistungen anbieten und evaluieren mehrere Möglichkeiten. Wir sind in Gesprächen, können aber keine Details nennen."

Wiewohl die Entflechtung des Filialnetzes von Post und Bawag flott fortschreitet – sie soll Ende des Jahres abgeschlossen sein – ganz von null anfangen muss die Post offenbar nicht. Man sei in Gesprächen mit dem langjährigen Finanzdienstleister übereingekommen, dass die neue "Post-Bank" den rund 200.000 Kleinkunden und Sparern, die bisher Postfilialen frequentierten, ein attraktives Wechselangebot machen dürfe.

Wie viel Geld die Post für ihren neuen Partner in die Hand nimmt, blieb auch im Aufsichtsrat Mitte März offen. Nach der Fintech-Beteiligung regiert die Vorsicht. Die Post hatte sich im September mit 35 Millionen Euro an der deutschen Fintech beteiligt, im November zerbrach die Partnerschaft, der Aktienkurs brach ein und erholte sich bis heute nicht. (Luise Ungerboeck, 30.3.2019)