Wien – Die neuen Gremien in den fünf zusammengelegten neuen Sozialversicherungsträgern nehmen am heutigen Montag ihre Arbeit auf. Unmittelbar vor der Konstituierung der sogenannten Überleitungsausschüsse lobten Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) und ÖVP-Klubobmann August Wöginger in einer gemeinsamen Pressekonferenz die Reform als "Leuchtturmprojekt" und wiesen Kritik daran erneut zurück.

Für die aus den neun Gebietskrankenkassen entstehende Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) wird auf Arbeitgeberseite der freiheitliche Wirtschaftskammer-Vizepräsident Matthias Krenn als erster Obmann gewählt .Er wird zunächst den Überleitungsausschuss und dann ab 1. Jänner 2020 den Verwaltungsrat der ÖGK führen. Danach soll er sich mit dem von der Arbeitnehmerseite nominierten derzeitigen Obmann der Salzburger Gebietskrankenkasse, Andreas Huss, im Halbjahresrhythmus abwechseln.

Selbstständige und Bauern

In der aus Selbstständigen und Bauern zusammengelegten Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) wird der Welser Unternehmer Peter Lehner, bisheriger Obmann-Stellvertreter in der Pensionsversicherungsanstalt (PVA), Obmann. Die mit Eisenbahn und Bergbau fusionierten Beamten übernimmt der Vorsitzende der Beamten-Gewerkschaft, Norbert Schnedl. In der PVA sollen sich der Metallergewerkschafter Peter Schleinbach und der von der Arbeitgeberseite entsandten Fachverbandsobmann der Personenbetreuer, Andreas Herz, abwechseln. Die AUVA soll künftig der von den Arbeitgebern nominierte Wiener Unternehmer und derzeitige stellvertretende Vorsitzende der Landesstelle für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Mario Watz, als Obmann übernehmen.

Die Überleitungsausschüsse arbeiten bis Jahresende parallel mit den derzeit bestehenden Gremien der 21 Träger und gehen dann mit 1. Jänner 2020 automatisch in identer personeller Besetzung in den jeweiligen Verwaltungsrat über. In den neuen Gremien sitzen jeweils sechs Arbeitgeber- und sechs Arbeitnehmervertreter.

"Keine Umfärbung"

Die Kritik, dass mit Krenn nun ein Arbeitgeber und Hotelier die ÖGK führt, wiesen Hartinger-Klein und Wöginger zurück. Die Sozialministerin attestierte ihm "enorme Kompetenz", nachdem er schon jahrelang in den Hauptverbandsgremien mitgearbeitet habe. Für den ÖVP-Klubobmann ist Krenn gerade als Bürgermeister von Bad Kleinkirchheim "bestens geeignet". Eine politische Umfärbung konnten weder Hartinger-Klein noch Wöginger erkennen. Dass es in der SVS und der BVA keine Rotation an der Spitze gibt, verteidigte Wöginger damit, dass diese Träger "andere Voraussetzungen" hätten.

Hartinger-Klein und Wöginger beharrten trotz anderslautender Kritik darauf, dass die Reform bis 2023 insgesamt eine Milliarde Euro Einsparungen bringen werde. Die Sozialministerin verwies darauf, dass die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten von Arbeitern und Angestellten zwar zunächst 115 Mio. Euro gekostet habe, aufgrund der Produktivitätssteigerung komme man inzwischen aber auf jährliche Einsparungen von 52 Millionen Euro.

Fusionskosten unklar

Die Fusionskosten der jetzigen Reform konnte Hartinger-Klein nicht beziffern, das sei eine Entscheidung der Selbstverwaltung. Für die nächste Tage kündigte sie einen Erlass an, welche Kosten hier einberechnet werden sollen. Sie nannte hier bereits Personalkosten, Überstunden, Ausbildung und Schulung, externe Berater, Übersiedlung und EDV. Das Geld dafür müsse bei der ÖGK jedenfalls von den Gebietskrankenkassen kommen.

Die Sozialministerin und der ÖVP-Klubobmann bekräftigten, dass man zum Wohle der Patienten die Strukturen schlanker machen und damit Bürokratie abbaue. Das Ziel sei mehr Gerechtigkeit und gleiche Leistungen für gleiche Beiträge innerhalb eines Trägers. Aus den 21 leitenden Angestellten und 20 Chefärzten würden künftig jeweils fünf.

Expertengeprüft

Bezüglich der angekündigten Verfassungsklagen gegen die Reform gaben sich die beiden Vertreter der Regierungsparteien gelassen. Man habe selbst von Experten alles prüfen lassen. Die gesamte Reform sei keinesfalls gefährdet, im schlimmsten Fall würden einige Teile vom VfGH aufgehoben.

In dem verkleinerten neuen Dachverband werden sich die neuen Gremien erst am 15. April konstituieren. Tatsächlich aufnehmen werden die neuen Träger ihre Arbeit am 1. Jänner 2020. (APA, 1.4.2019)