Rainer Rößlhuber könnte sich Forderungen selbst erfüllen.

Foto: BSO/Hagen

Hannes Androsch war begeisterter Radfahrer und Skifahrer, Karl-Heinz Grasser wurde und wird, neben allem anderen, eine gute Hand fürs Tennisspiel nachgesagt. Und doch lässt sich sagen, dass das Bundesministerium für Finanzen aktuell so sportaffin ist wie nie zuvor. Dementsprechend groß waren die Hoffnungen von Verbänden, Vereinen und Funktionären, als Hartwig Löger im Dezember 2017 als Finanzminister antrat. Zuvor war er Präsident des Dachverbands Sportunion und Vizepräsident der Bundes-Sport-Organisation (BSO) gewesen. In dieser Funktion hatte Löger nur wenige Wochen vor seinem Wechsel vorgerechnet, dass jeder in den Sport investierte Euro fünffach zurückkomme – dieser Satz fand sich dann auch im Regierungsprogramm.

"Bis jetzt", sagt Hermann Krist, "hat sich gar nichts getan." Krist, SPÖ-Sportsprecher und Präsident des Dachverbands ASKÖ, des roten Pendants zur Sportunion, sieht sich mit Löger zwar "in gutem Einvernehmen", ist aber skeptisch im Hinblick auf "die für 2020 angekündigte Steuerreform" und etwaige Auswirkungen auf den Sport. "Das müsste jetzt schon thematisiert werden", sagt Krist, der wie BSO-Präsident Rudolf Hundstorfer gerne auch über die Valorisierung der Sportfördermittel reden würde. Diese sind seit 2010 bei 80 Millionen Euro gedeckelt, was laut Hundstorfer einen Realwertverlust von 18 Prozent bedingt. Darüber hinaus wünscht sich die BSO die Absetzbarkeit von Sponsorgeldern als Spenden und steuerliche Erleichterungen für gemeinnützige Vereine.

Kabinettschef Rößlhuber

In diesem Zusammenhang fällt eine weitere Personalie auf. Am Montag ist Rainer Rößlhuber (43) als Lögers neuer Kabinettschef angetreten. Zuvor war Rößlhuber Geschäftsführer der BSO, dieses Amt bekleidete er seit Februar 2017, davor war er zehn Jahre lang Generalsekretär der Sportunion gewesen, ab 2014 unter Präsident Löger. Dieser hat Rößlhuber nun zu sich zurückgeholt.

Man kann das Finanzministerium – im positiven Sinn – schon sportlich "unterwandert" nennen. Bei Krist löst Rößlhubers Wechsel "fast eine leise Euphorie aus, auch wenn der Sport einen seiner besten Köpfe verliert. Dafür haben wir jetzt einen wirklichen Kenner des Sports im Finanzministerium sitzen." Noch vor kurzem hatte die BSO die steuerliche Absetzbarkeit von Mitgliedsbeiträgen gefordert. Jährlich sollten 600 Euro pro Vereinssportler absetzbar sein. Diese Forderung hat Rößlhuber ins Ministerium mitgenommen, er kann sie sich vielleicht selbst erfüllen.

2,1 Millionen Menschen engagieren sich im Sport

Die Sportunion hatte zuvor eine österreichweite Befragung mit dem Ergebnis durchgeführt, dass siebzig Prozent der Bevölkerung eine steuerliche Absetzbarkeit von Sportvereinsmitgliedsbeiträgen begrüßen würden. Sechzig Prozent der unter 30-Jährigen würden eine solche Initiative zum Anlass nehmen, sich mehr zu bewegen. Peter McDonald, Lögers Nachfolger als Sportunion-Präsident: "Könnten wir die Anzahl der Menschen, die sich ausreichend bewegen, um zehn Prozent steigern, würde das zu Einsparungen im Gesundheitssystem von bis zu 117 Millionen Euro jährlich führen."

Auch eine Statistik-Austria-Umfrage unterstreicht die Bedeutung des Themas. Ihr zufolge engagieren sich 2,1 Millionen Menschen im österreichischen Sport, das bedeutet Platz drei nach der katholischen Kirche und der Arbeiterkammer. Seitens der BSO wird betont, dass der Sport zur Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen viel beiträgt. Er erwirtschaftet direkt und indirekt 17 Milliarden Euro pro Jahr, schafft 330.000 Arbeitsplätze und erspart dem Staat jährlich 530 Millionen Euro an Gesundheitskosten.

Studien wie diese haben der Minister und sein neuer Kabinettschef oft und oft gelesen, um nicht zu sagen: gepredigt. "Jetzt müssen sich die Herrschaften nur daran erinnern", sagt ASKÖ-Präsident Krist, "wo ihre Wurzeln sind." (Fritz Neumann, 2.4.2019)