Demonstrationszug in Linz gegen den Kongress der "Verteidiger Europas", einem Vernetzungstreffen der europäischen rechten Szene. 2016 nahm auch der heutige Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) als Redner daran teil.

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FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz spricht über das Verhältnis der FPÖ mit den Identitären in Österreich. Er persönlich kenne keine Mitglieder der Identitären.

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"Wer sich distanziert, verliert", schreibt das rechtsextreme Magazin "Info-Direkt" in seiner aktuellen Ausgabe über einer Collage, die ein Boot zeigt. In diesem sitzen unter anderem Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), der stellvertretende oberösterreichische Landeshauptmann Manfred Haimbuchner (FPÖ) und Martin Sellner, seines Zeichens Chef der Identitären, gegen den Terrorermittlungen laufen. "Wir Patrioten sitzen in einem Boot mit Martin Sellner", heißt es da. In derselben Ausgabe findet sich ein ganzseitiges Inserat der Stadt Linz mit dem Bild von Detlef Wimmer, bis vor kurzem FPÖ-Vizebürgermeister, sowie ein halbseitiges FPÖ-Inserat. Das Magazin gehört zu 30 Prozent Ulrich Püschel, der ist Büroleiter des Linzer Verkehrsstadtrats Markus Hein (FPÖ). Püschel nahm an Demos teil, die von Identitären mitorganisiert wurden. Er sei aber "weder Funktionär noch Mitglied", sagte Püschel vergangenes Jahr dem STANDARD dazu.

Medien der Rechten

Auch das FPÖ-nahe Onlinemedium unzensuriert.at rückte in den letzten Tagen zur Verteidigung von Martin Sellner aus. Der ehemalige Chefredakteur von "Unzensuriert", Alexander Höferl, ist heute im Kabinett von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), wo er sich mit Kommunikationsstrategien beschäftigt. Während also der Bundeskanzler klare Kante von seinem Koalitionspartner fordert, hält man über parteinahe Medien weiter zu den Identitären.

"Alles Roger", das Texte des ehemals führenden Identitären Alexander Markovics publiziert und Interviews mit zahlreichen Identitären und FPÖ-Ministern abdruckte, wurde auch mit Inseraten der FPÖ bestückt. Eine ehemalige Mitarbeiterin der FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein ist dort Chefredakteurin. Thomas Hüttner, ein Fachreferent bei Hartinger-Klein, ist indes Schriftleiter beim rechten Blatt "Eckart", für das auch Markovics schrieb.

Quelle: STANDARD/Kienzl/Leitner

Persönlicher Referent Hartinger-Kleins ist Dominic Keuschnig, der Verbindungen zu Identitären hat und mit 22 Jahren auch Parteifunktionen in Kärnten hat. Im Außenministerium arbeitet Jürgen-Michael Kleppich, der wegen Facebook-Fotos mit Identitären-T-Shirts aus Israel zurückbeordert wurde. Auch in Straches Sportministerium ist ein Mann am Werken, der mit Identitären marschierte und mit ihnen den Kongress "Verteidiger Europas" besuchte. Auf diesem sprach auch Innenminister Kickl das Publikum als "Gleichgesinnte" an. Mit Strache und Identitären in der Südsteiermark wurde auch Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) gesehen.

Vermieter und Gemeinderat

Aufgrund der Verflechtung von Identitären, Parteifunktionären und FPÖ-Mandataren quer durchs Land würde sich eine klare Distanzierung, wie sie nun Kurz gefordert hat, wohl schwierig gestalten. In Graz ist mit dem ehemaligen "Aula"-Herausgeber Heinrich Sickl der Vermieter der Identitären-Zentrale ein FPÖ-Gemeinderat, der auch selbst auf Identitären-Demos war.

Letzteres hat er mit dem Grazer Vizebürgermeister Mario Eustacchio und dem Dritten Landtagspräsidenten in der Steiermark, Gerhard Kurzmann, (beide FPÖ) gemein. In Graz stieg 2016 bei einer Aktion der Identitären der damalige Bezirksobmann von Graz-Lend, Luca Kerbl, auf das Dach der Grünen-Parteizentrale.

Quelle: STANDARD/Kienzl/Leitner

Auch in den Reihen der parlamentarischen Mitarbeiter gibt es Vernetzungen zur Identitären-Bewegung. Bernadette C. marschierte bei Identitären-Demos mit, schrieb für "Zur Zeit" und landete dann im Parlament. Beim Abgeordneten Axel Kassegger arbeitet Siegfried W., der als Sprecher bei Identitären-Demos auftrat. In Linz gibt es identitäre Verbindungsmänner im Büro des Landeshauptmannstellvertreters Haimbuchner und in der Stadtregierung. Wie berichtet, teilen sich die Burschenschaft Arminia Czernowitz, der viele FPÖ-Politiker angehören, und das identitäre Khevenhüller-Zentrum ein Gebäude – die Villa Hagen.

In Salzburg nahm der Gemeinderat und Stadtobmann der FPÖ, Andreas Reindl, an einer Demo teil. Reindl meinte später, sei aus Versehen auf der Demo gewesen. Der Salzburger Identitären-Chef Edwin Hintsteiner sagte aber, er sei auf seine Einladung gekommen. Hintsteiner selbst war beim RFJ, wurde aber 2012 ausgeschlossen.

Seite an Seite

In Tirol gab es immer wieder Verbindungen von der freiheitlichen Jugendorganisation zu den Identitären. Seite an Seite mit der Organisation demonstrierte 2016 der FPÖ-Stadtparteichef Rudi Federspiel gegen ein geplantes Flüchtlingsheim. Außerdem werkt im Hintergrund noch Werner Königshofer, der einst wegen einschlägiger Facebook-Postings aus der FPÖ ausgeschlossen worden war. Der Tiroler Investigativblogger Markus Wilhelm veröffentlichte eine E-Mail, die Kontakte zwischen Königshofer und den Identitären zeigt. Königshofer trat auch nach seinem Parteiausschluss beim freiheitlichen Seniorenring auf.

Quelle: STANDARD/Kienzl/Leitner

Im Burgenland warb der RFJ nicht nur offen für Identitären-Veranstaltungen, es gab auch personelle Überschneidungen. Diese sind gerade in den Jugendorganisationen der Blauen, also dem RFJ und dem Ring Freiheitlicher Studenten (RFS), sehr hoch. Öffentlich sichtbar wird so etwas oft bei Infoständen oder Stammtischen. Bei einem RFJ-Stammtisch war es auch, dass Identitäre und der Wiener FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp zusammen saßen.

Jene Gemeinden, in denen Identitäre für die FPÖ Mandate hielten, aber mittlerweile aus der Partei ausgeschieden sind, wurden in der grafischen Darstellung der Verflechtungen nicht angeführt. (Colette M. Schmidt, Fabian Schmid, Stefanie Ruep, Markus Rohrhofer, Steffen Arora, 2.4.2019)