Sieht keinen Grund für eine Distanzierung von den Identitären: der Grazer FPÖ-Chef und Vizebürgermeister Mario Eustacchio (re.).

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Wien/Graz – Der Grazer FPÖ-Chef und Vizebürgermeister Mario Eustacchio sieht aktuell keinen Grund, sich von den Identitären zu distanzieren. "Ich wundere mich über die Vorwürfe, die keine Grundlagen haben", sagte Eustacchio am Donnerstag laut Berichten der "Kleinen Zeitung" und des ORF Steiermark: "Es ist ja niemand verurteilt."

Die Basis sei der Rechtsstaat. Es sei niemand rechtskräftig verurteilt, daher verstehe er die Hysterie nicht, so Eustacchio. Auch sehe er keinen Grund sich von seiner Teilnahme an der Spielfeld-Demo der Identitären zu distanzieren. Dabei sei es doch darum gegangen, darauf hinzuweisen, dass bei der Flüchtlingskrise rechtswidrig Boden betreten worden sei.

Innerhalb der schwarz-blauen Grazer Koalition habe man über das Thema gesprochen, betonten Eustacchio und ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl. Man sehe aber im Gegensatz zur Bundesregierung keine Notwendigkeit für eine Klarstellung oder Handlungsbedarf.

Reinen Tisch machen

ÖVP-Landesparteigeschäftsführer Detlev Eisel-Eiselsberg sieht das offensichtlich anders. Er rückte am Donnerstag mit folgender Botschaft an die Blauen aus: "Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass Landesparteiobmann Mario Kunasek hier einschreitet und endlich reinen Tisch macht."

Eisel-Eiselsberg monierte, dass Tag für Tag neue Hinweise auf Querverbindungen zwischen den steirischen Freiheitlichen und höchsten Vertretern der Identitären ans Licht kämen. Er frage sich, wo die unmissverständliche Abgrenzung, wie sie von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) bereits gemacht worden sei, bleibe.

Zur Frage der Vermietung einer Wohnung eines Grazer FPÖ-Gemeinderats als Zentrale der Identitären ("Hackher-Zentrum") sagte der Landesgeschäftsführer: "Selbst wenn eine gewerbsmäßige Bürovermietung rechtlich nicht verboten ist – moralisch ist das schlicht und einfach unzumutbar." Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe eine klare Linie vorgegeben – diese gelte es einzuhalten. Eisel-Eiselsberg erinnerte daran, dass die steirische FPÖ in der Vergangenheit "immer wieder mit verwerflichen Aktionen aufgefallen ist", etwa beim "Moschee baba"-Spiel.

"Zumutung"

Auch die steirische Opposition ist empört. Der Grazer SPÖ-Klubobmann Michael Ehmann will jetzt Nagl in die Pflicht nehmen: "Es ist an der Zeit, dass der Bürgermeister dem Beispiel des Kanzlers folgt und in Sachen Identitäre und FPÖ Klartext redet. Gerade für die Menschenrechtsstadt Graz empfinde ich es als eine Zumutung, dass ein Gemeinderatsmitglied der regierenden ÖVP-FPÖ-Koalition ein derartiges Naheverhältnis zu den Identitären hat", sagte Ehmann.

Grünen-Gemeinderatsklubchef Karl Dreisiebner sagte, sich hinter dem Strafgesetz zu verstecken, um keine Haltung beziehen zu müssen, sei peinlich. Kanzler Kurz habe zumindest klargestellt, was er von der Ideologie der Identitären halte. Dazu sei Nagl nicht bereit. Der Neos-Gemeinderat Niko Swatek forderte von Nagl ebenfalls, Stellung zu beziehen.

Sobotka sieht "keine verschwommenen Grenzen"

Was die Abgrenzung der FPÖ-Spitze von den Identitären anlangt, scheint jedenfalls ein hochrangiges ÖVP-Mitglied bereits zufrieden zu sein. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) findet, diese sei bereits "sehr klar formuliert". Es gebe "keine verschwommenen Grenzen, sondern eine klare Haltung", sagte Sobotka am Donnerstag dem ORF-Radio Vorarlberg. Es gehe jetzt auch darum, ein klares Verhältnis zu allen Randgruppen zu haben, sich abzugrenzen "und das nicht zuzulassen".

Beim Abgrenzen von extremen Rändern, insbesondere dem rechten extremen Rand, "ist jeder Abgeordnete gefordert, das für sich zu tun und sehr klar zum Ausdruck zu bringen", stellte der Nationalratspräsident fest. Die Parteiführer der FPÖ hätten das getan. (APA, 4.4.2019)