Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nannte die Identitären nach dem Ministerrat "widerlich".

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Die Verstrickungen zwischen der FPÖ und den Identitären haben die vergangene politische Woche dominiert – und einige interessante Aspekte zutage gefördert.

Zunächst einmal hält offenbar kein koalitionärer Friede ewig. Keine noch so straffe Message-Control kann ernsthafte Differenzen in einer Regierung übertünchen. Die halbherzige Abgrenzung der FPÖ von dem Häufchen der rechtsradikalen Identitären ist die erste große Krise dieser Regierung. Die ÖVP, in ihrem Verständnis und von ihrer Geschichte her eine staatstragende Partei, tut sich schwer mit einem solchen Partner. Das kommt nicht überraschend. Überrascht ist man höchstens von der Konsequenz, mit der die ÖVP dies bei der Regierungsbildung ausgeklammert hat.

Für Sebastian Kurz, einmal als "Schweigekanzler 2.0" betitelt, gibt es offensichtlich doch eine Grenze des Schweigens. Sie war erreicht, als bekannt wurde, dass mehrere Geheimdienste ihre Kooperation mit Österreich reduzieren, weil Innenminister Herbert Kickl Kontakte zu den Identitären pflegte. Und sie wurde überschritten, als sich Vizekanzler Heinz-Christian Strache von seiner Distanzierung zu den Identitären distanzierte – und andere FPÖ-Granden ohnehin keine Veranlassung dazu sahen.

Die Frage bleibt, ob Kurz damit eine straffe rote Linie in seiner Politik gezogen hat – oder ob ihm die Abgrenzung vom Koalitionspartner und von rechts jetzt, vor der EU-Wahl, gerade recht kommt. Geht es um Glaubwürdigkeit oder um wahltaktische Überlegungen? Klar ist: Die FPÖ ändert sich nicht – sie kann sich nicht ändern. Entweder lebt Kurz damit, oder er forciert Neuwahlen und sucht einen anderen Koalitionspartner.

Patzige Reaktionen

Die Versuche einiger FPÖ-Spitzenfunktionäre, etwa des selbst weit rechts stehenden Parteichefvizes Manfred Haimbuchner, rechts außen einen "Cordon sanitaire" zu ziehen, werden die FPÖ nicht nachhaltig verändern. Das zeigen schon die patzigen Reaktionen anderer blauer Landespolitiker, etwa des steirischen FPÖ-Mannes Mario Eustacchio.

Die Abgrenzung zu den Identitären ist freilich nur ein Teil des Problems. Von einer Regierungspartei, zumal in einem Land mit historischer Verantwortung wie Österreich, muss man erwarten dürfen, dass sie jegliches Anstreifen an rechtsradikale und rechtsextreme Umtriebe strikt unterlässt. Nach der Parteispaltung durch Jörg Haider verblieben im "freiheitlichen" Teil der FPÖ aber vor allem rechtsnational gesinnte Parteifunktionäre – und die hoben Strache an die Spitze. Ihr Einfluss ist stärker denn je. Jede glaubhafte Distanzierung Straches vom rechten Rand würde auch einige seiner Unterstützer treffen.

Auf EU-Ebene bastelt die FPÖ gerade an einer Rechtskoalition mit Freunden wie Matteo Salvini und Marine Le Pen, die in ihrer Rhetorik wiederholt Grenzen überschreiten und historische Tabus brechen, vor allem wenn es um Flüchtlinge und Migranten geht – gerade so, wie es auch führende FPÖ-Politiker tun. Auch hier: von Erkenntnis, Einsicht, Umkehr keine Spur.

Eine weitere interessante Erkenntnis ist, dass die größte Oppositionspartei SPÖ weiter jede Gelegenheit auslässt, die Regierung in Bedrängnis zu bringen. Statt täglich gegen rechts zu trommeln und Konsequenzen vom Kanzler zu fordern, will Parteichefin Pamela Rendi-Wagner einen "Rechtsextremismusbeirat" gründen. Das klingt redlich und staatstragend – und tut gerade niemandem weh. (Petra Stuiber, 5.4.2019)