Die beiden jüngsten abgeschlossenen Volksbegehren sind auch die beiden am wenigsten erfolgreichen.

grafik: standard

Wien – Haben Sie 500 Euro, einen Freund und eine politische Idee? Dann können Sie in Österreich ein Volksbegehren starten, wie das seit 1945 schon 55-mal passiert ist. Der Antrag muss von zwei Bürgern unterschrieben werden und eine Forderung beinhalten, die bundesgesetzlich regelbar ist. Die 500 Euro gehen ans Innenministerium, als Kostenbeitrag. Ist das alles erledigt, gilt das Volksbegehren als angemeldet.

Wenn Ihnen das reicht: Schön für Sie! Die meisten Initiatoren wollen aber tatsächlich etwas bewegen, sie haben ja ein Begehren. Im "Einleitungsverfahren" sammeln sie deswegen Unterstützungserklärungen. Davon brauchen Sie 8.401 Stück (das sind 0,1 Prozent der Gesamtbevölkerung Österreichs, Stand 2011). Das Volksbegehren kann im Internet genauso wie ganz klassisch am Gemeindeamt unterstützt werden.

Unterschriften sammeln

Elf Initiativen befinden sich gerade in dieser Phase – und es ist gut möglich, dass sie von vielen davon noch gar nicht gehört haben: "Asyl europagerecht umsetzen", "Faires Wahlrecht" gegen die Vier-Prozent-Hürde bei Nationalratswahlen, "Weniger Fluglärm", "Autobahnmaut abschaffen", "Euratom-Ausstieg", "Grenzschutz wiederherstellen", "Neutralität wiederherstellen", "Bedingungsloses Grundeinkommen". Dann gibt es noch "Smoke – Ja" und "Smoke – Nein", zwei parallel laufende Initiativen, die eine Ja/Nein-Abstimmung zum Rauchverbot in der Gastronomie abbilden sollen. Sowie das jüngste angemeldete Volksbegehren "Ethik für alle", dessen Initiatoren Ethikunterricht für alle Schüler in Österreich fordern.

Dann gibt es noch zwei Volksbegehren, die schon etwas mehr Bekanntheit erlangt haben – die aber nicht auf der Liste stehen. Das Klimavolksbegehren hat etwa gerade einen Wechsel an der Spitze erlebt: Helga Krismer, Initiatorin und Chefin der Grünen Niederösterreich, hat die Leitung an Katharina Rogenhofer übergeben, die auch die Klimastreiks organisiert.

Zweiter Anlauf für das Klima

Eine für Mittwoch angekündigte Pressekonferenz zum Start der Unterstützungsphase wurde allerdings am Vortag abgesagt: Weil die Bewegung jetzt "breiter aufgestellt" sei, seien auch neue inhaltliche "Inputs" zu den Forderungen hinzugekommen, erklärt ein Sprecher auf STANDARD-Anfrage – und das, nachdem die Anmeldung bereits beim Innenministerium eingereicht worden war. Weil der Antrag danach nicht mehr abgeändert werden könne, musste man ihn zurückziehen, um demnächst wieder einen neuen zu stellen, der die aktualisierten Forderungen enthält. Das kostet Zeit (und noch einmal 500 Euro).

Dann gibt es noch das Tierschutzvolksbegehren, das Sebastian Bohrn Mena ins Leben gerufen hat: Er war früher in der SPÖ aktiv, ist dann zur Liste Pilz (später: Liste Jetzt) gewechselt, hat sich mit dieser danach überworfen und leitet nun die Initiative "Tierschutz ist ein Volksbegehren". Unterstützungserklärungen sammelt Bohrn Mena gemeinsam mit prominenten Unterstützern wie Dominic Thiem und Erni Mangold ab 7. Mai.

Unterstützen 100.000 Bürger ein Volksbegehren, muss das Parlament es behandeln.
Foto: apa / roland schlager

In dieser Phase geht es aber um mehr als nur darum, die dafür notwendigen 8401 Unterschriften zu bekommen, damit das Innenministerium eine offizielle Eintragungswoche anberaumt. Denn jede Unterstützungserklärung zählt in weiterer Folge auch als Unterschrift in der "offiziellen" Eintragungsphase.

Das erleichtert es, auf 100.000 Unterschriften zu kommen. So viele braucht es nämlich, damit das Anliegen des Volksbegehrens im Nationalrat behandelt werden muss. Und dann? Dann werden solche direktdemokratischen Begehren dennoch oft verräumt – zuletzt geschehen mit Don't smoke, das an Unterschriften gemessen eines der erfolgreichsten Volksbegehren war, aber keinerlei realpolitischen Auswirkungen hatte.

Parteiunterstützung hilft

Die Tatsache, dass auch von breit unterstützten Volksbegehren praktisch oft wenig bis gar nichts übrig bleibt, habe wohl "einen dämpfenden Effekt" für ihre Beliebtheit im Allgemeinen, sagt der Politikwissenschafter Marcelo Jenny von der Uni Innsbruck – wobei er zu bedenken gibt, dass der Aufwand für den einfachen Unterstützer im Internet ohnehin überschaubar ist.

Insgesamt sei (etwa bei Don't smoke) zu beobachten, dass das Backing durch eine große Partei im Hintergrund förderlich für das Unterschriftensammeln sei – und "breite" Themen besser ziehen als Spezialanliegen. Das sollten Sie sich vielleicht überlegen, bevor Sie 500 Euro investieren. (Sebastian Fellner, 11.4.2019)