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Für Hotelgäste ist nicht ersichtlich, welche Dramen sich rund um die Übergabe eines Betriebs mitunter abspielen.


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Wer mit 18 oder 20 in den elterlichen Betrieb eingestiegen ist, kommt nun selbst in ein Alter, wo einige grundlegende Entscheidungen anstehen. Wann gehe ich in Pension? Kann ich mit 60 (Frau) oder 65 (Mann) aufhören zu arbeiten oder erst später, weil Sohn oder Tochter noch nicht so weit sind? Muss das Hotel verkauft, verpachtet oder gar geschlossen werden? Fragen über Fragen.

In Österreich stehen in den nächsten Jahren, bedingt durch die Demografie der Babyboomer, 67 Prozent der familiengeführten Hotels zur Übergabe an. Wenn man bedenkt, dass gut 80 Prozent der Hotels Familienbetriebe sind und internationale Ketten nur ein vergleichsweise kleiner Teil sind, ist das erheblich. Einer Umfrage vom Jänner zufolge bemühen sich 63 Prozent von 600 befragten Hotellerie- und Gastronomiebetrieben um eine Weiterführung durch ein Familienmitglied. Knapp ein Viertel will den Betrieb auflösen, acht Prozent denken an einen Verkauf, rund fünf Prozent an Verpachtung.

Einer der häufigsten Fehler sei die ungenügende Vorbereitung der Übergabe. "Das ist eine längere Prozedur", weiß Anton Kaiser, Steuerberater in Saalfelden. Kaiser hat viele Übergaben begleitet: "Man sollte früh damit beginnen und nicht glauben, einmal schnell zum Notar springen, das reicht."

Nicht nur das Damoklesschwert der Steuern schwebe über den Häuptern von Übergeber und Übernehmer; auch die behördlichen Auflagen und Kontrollen seien unmittelbar nach einem Eigentümerwechsel nicht ohne.

In die Rolle hineinwachsen

In der Regel sei es gut, wenn der Sohn oder die Tochter in ihre neue Rolle hineinwachsen können und sich vorher noch die Zeit nehmen, Erfahrung im Ausland zu sammeln. Gibt es mehrere Kinder und kann der Betrieb sinnvollerweise nur von einem fortgeführt werden, müssten die anderen ausgezahlt werden. Mitunter treibe das tiefe Gräben zwischen Geschwister, wenn die Vorstellungen über die Höhe der Abfindung stark voneinander abweichen.

Selbst wenn der Pflichtanteil anhand des Verkehrswertes berechnet wird, den das Hotel gemäß Lage und Ausstattung hat, gibt es innerhalb Österreichs gewaltige Unterschiede. "Da geht es um Summen, die oft nicht verdient werden können", sagt Kaiser. Ein Anerbenrecht wie in der Landwirtschaft, dass ein Hof an einen einzigen Erben weitergegeben werden muss und nicht auf mehrere aufgeteilt werden darf, gibt es im Tourismus nicht.

Mitunter sind die direkt erbberechtigten Kinder aber auch abgeschreckt von der Vorstellung, so wie möglicherweise ihre Eltern rund um die Uhr im Betrieb greifbar sein zu müssen. "Selbstständig sein heißt selbst – und das ständig", bringt es Kaiser auf den Punkt. Der Begriff der Work Life Balance, der auf die Möglichkeit eines Lebens neben der Arbeit anspielt, war früher unbekannt, gewinnt bei der jüngeren Generation aber zunehmend an Bedeutung.

Fehlt das Interesse des eigenen Kindes, den Betrieb zu übernehmen, bleibe als eine der Alternativen die Suche nach einem außenstehenden Dritten. "Den muss man aber auch etwas verdienen lassen", sagt Kaiser.

"Man muss eine gewisse Großzügigkeit beweisen, dann kann eine Übernahme auch in solchen Fällen durchaus erfolgreich sein", weiß der Steuerberater aus der Praxis. Eine weitere Möglichkeit sei, den Betrieb zu verpachten.

Überlange Abschreibedauer

Aus Sicht des Übernehmers sei es essenziell zu wissen, wie es um den Betrieb steht, wie hoch die Fremdkapitalbelastung ist, wie hoch der Investitionsstau. Kontraproduktiv sei auf jeden Fall die lange und von der Realität stark abweichende Abschreibedauer bei Investitionen in Gebäude. Wie Petra Nocker-Schwarzenbacher, oberste Touristikerin in der Wirtschaftskammer, würde auch Kaiser ein Zurückführen der Abschreibedauer auf einen Rahmen wünschen, den es schon einmal gab: 33 statt derzeit 40 Jahre.

Ohne Erneuerung verliere jedes Hotel an Attraktivität, sagt Kaiser, denn "wenn man nicht mit der Zeit geht, geht man mit der Zeit." (Günther Strobl, 11.4.2019)