Schon während ihrer beruflichen Tätigkeit für die Gebietsbetreuung hatte Edith Schindler-Seiß immer wieder mit der Begrünung im Öffentlichen Raum zu tun. Sie war unter anderem für das Projekt Gartln ums Eck zuständig und generell viel in Kontakt mit Menschen und Institutionen, die sich für den Grünraum in Wien einsetzen. Dabei entstanden viele Ideen, wie man sich für den öffentlichen Grünraum einsetzen könnte. Natürlich gibt es mit dem Stadtgartenamt, der MA 42, eine städtische Institution, die sich um Erhalt und Pflege der Stadtbäume kümmert. "Aber auch dort sind die Ressourcen begrenzt", sagt Schindler-Seiß.

Straßenbäume erfüllen eine wichtige Funktion für das Stadtklima
Akademie der Zivilgesellschaft/@leopold_stadt

2018 wollte Schindler-Seiß ihre bis dahin gesammelten Ideen in die Tat umsetzen. Mit Unterstützung der Akademie der Zivilgesellschaft gründete sie die Baumhilfe. Mit dem ehrenamtlichen Projekt engagiert sie sich seither für Erhalt und Pflege der innerstädtischen Straßenbäume in Wien. Sie will Wissen über die Stadtbäume vermitteln und Menschen dazu animieren, selbst aktiv zum Erhalt der Bäume beizutragen.

Eckbäume besonders betroffen

Ob es den Bäumen einer Straße gut gehe oder nicht, erkenne man am besten anhand des Zustandes des ersten Baumes einer Baumreihe. Leide ein Baum zu stark unter den Umwelteinflüssen, besitzt er weniger Blätter, Äste müssen früher abgeschnitten und Bäume früher gefällt werden. "Eckbäume sind meistens am stärksten den schädlichen Umwelteinflüssen ausgesetzt. Diese Bäume werden aufgrund der angrenzenden Straßen im Winter gleich von zwei Seiten besalzen und leiden aufgrund der vorbeifahrenden Autos unter einer starken Bodenverdichtung", erklärt Schindler-Seiß. Außerdem werden Eckbäume am häufigsten von Hunden angesteuert, deren Hinterlassenschaften speziell für Jungbäume und ihre kleinen Wurzelballen extrem schädlich sind.

Dass die Wiener Bäume oftmals nicht mehr jenes Alter erreichen, das sie früher noch erreicht haben, hat aber nicht nur mit den direkten Umwelteinflüssen zu tun, sondern auch mit der Klimaveränderung. "In Wien wird die Anzahl der Hitzetage mit über 30 Grad in den nächsten Jahrzehnten massiv ansteigen. Jetzt haben wir noch die Möglichkeit, jene Bäume großzuziehen, die uns später helfen werden, die Temperatur dank der Beschattung niedriger zu halten. Vom Grün in der Stadt profitieren wir also alle."

Edith Schindler-Seiß ist ehrenamtlich für das Projekt Baumhilfe tätig.
Foto: Akademie der Zivilgesellschaft

Jeder kann aktiv werden

Aktiv werden kann dabei jeder. "In der Wachstumsphase im Frühjahr und in langen Trockenperioden im Sommer sollten möglichst viele Menschen in den Morgen- und Abendstunden die Straßenbäume gießen, da insbesondere kleinere Bäume mit ihren Wurzeln nicht bis hinunter zum Grundwasser kommen. Jeder Liter hilft", sagt Schindler-Seiß. Zusätzlich sollten Hundehalter ihre Vierbeiner für deren Geschäft nicht zu dicht an Jungbäume heranführen, Radfahrer sollten es vermeiden, ihre Räder an Bäume anzuketten, da dadurch die Baumrinde beschädigt wird. Wichtig wäre auch, dass Hausbesitzer und Streudienst im Winter Salz nur bei tatsächlicher Notwendigkeit und in Maßen einsetzen.

Mit ihrer Baumhilfe, die von den Bezirken Neubau und Rudolfsheim-Fünfhaus mit dem Klimaschutzpreis ausgezeichnet wurde, hat Schindler-Seiß die vergangenen Monate dafür genutzt, sich mit stadtnahen Institutionen zu vernetzen und ihren Ansatz für mehr Achtsamkeit für Straßenbäume vorzustellen. Am 25. April veranstaltet die Baumhilfe anlässlich des Welt-Baum-Tages ein Straßenfest rund um die Volkshochschule Rudolfsheim-Fünfhaus mit vielen Programmstationen zum Thema Straßenbäume.

Ein Projekt für die nachfolgenden Generationen

Initiativen wie die Baumhilfe können nur dann funktionieren, wenn möglichst viele Menschen mitmachen, dessen ist sich Schindler-Seiß bewusst. "Das ist ein Projekt für die nachfolgenden Generationen. Wenn jetzt der ein oder andere Baum stirbt, finde ich das natürlich traurig. Ich persönlich werde die Auswirkungen davon kaum spüren, aber für meine Kinder wird es wirklich tragisch sein, wenn die heutigen Jungbäume keine Chance mehr haben, groß zu werden. Denn dann wird Wien nicht mehr so grün sein, wie wir es heute kennen."

Edith Schindler-Seiß ist beruflich als Organisationsentwicklerin und Stadtplanerin tätig und engagiert sich circa fünf Stunden pro Woche für ihr ehrenamtliches Projekt. (Philipp Schneider, 24.4.2019)

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