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Nicht nur auf höchster Ebene spaltet der Fall Assange in Ecuador die Geister. In der Hauptstadt Quito werfen Demonstranten der Regierung vor, sich dem Druck der USA gebeugt zu haben.

Foto: AP / Dolores Ochoa

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Julian Assange kurz nach seiner Verhaftung am Donnerstag.

Foto: REUTERS/Henry Nicholls

Es dauerte nur wenige Stunden, bis sich nach der Verhaftung Julian Assanges in London jener Mann zu Wort meldete, der dem Wikileaks-Gründer exakt 2487 Tage lang in der Botschaft seines Landes Zuflucht gewährte: Rafael Correa, von 2007 bis 2017 Präsident Ecuadors und bekannt für seinen harschen antiamerikanischen Kurs. Lenín Moreno, sein Nachfolger, sei "der größte Verräter in der Geschichte Ecuadors", er habe Assanges Asyl aufgehoben und ihn damit den USA ans Messer geliefert, weil Assange Moreno mittels der sogenannten Ina-Papers Korruption vorgeworfen habe.

Doch ob die Hintergründe der spektakulären Festnahme tatsächlich so einfach zu erklären sind, darüber rätselt am Tag danach die ganze Welt.

Kritik von Populisten

Während Italiens populistische Regierungspartei Fünf Sterne die Festnahme Assanges als "Angriff auf die individuelle Freiheit" verdammte und Australiens Regierung sich jeder Einmischung zugunsten ihres Staatsbürgers entsagte, sprach sich die frühere US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton für eine Strafverfolgung des gebürtigen Australiers aus. Wikileaks hatte im Wahlkampf 2016 E-Mails der Demokraten veröffentlicht und damit Clinton mutmaßlich geschadet.

Russland hatte Großbritannien schon am Donnerstag mit scharfen Worten angegriffen. "Die Hand der ,Demokratie' erwürgt die Freiheit", schrieb die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, auf Facebook. Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden sprach von einem "traurigen Tag für die Pressefreiheit".

Auslieferung nach Schweden gefordert

In Großbritannien, wo Assange nun auf seine mögliche Auslieferung in die USA wartet, ist indes ein Streit über das weitere Vorgehen entflammt. Premierministerin Theresa May erklärte am Rande einer Brexit-Debatte im Unterhaus, niemand stehe über dem Gesetz. Oppositionsführer Jeremy Corbyn appellierte an May, die Auslieferung Assanges zu verhindern. Britische Parlamentsabgeordnete fordern indes, Assange nach Schweden auszuliefern, falls die schwedischen Behörden einen entsprechenden Antrag stellen. In einem Brief an den britischen Innenminister erklärten mehr als 70 Parlamentarier, Großbritannien müsse deutlich machen, dass es die Verfolgung sexueller Straftaten ernst nehme. Assange droht in Schweden eine Wiederaufnahme von Ermittlungen wegen Vergewaltigungsvorwürfen. Bisher hat Schweden die Auslieferung des 47-Jährigen nicht beantragt.

Dem 47-Jährigen drohen in Großbritannien wegen des Verstoßes gegen Bewährungsauflagen bis zu zwölf Monate Haft, in den USA maximal fünf weitere Jahre. Das Genfer Menschenrechtsbüro der Uno mahnte am Freitag einen fairen Prozess für Assange ein.

Pilz: Asyl in Österreich

In Österreich forderte Peter Pilz von der Liste Jetzt die Bundesregierung auf, Assange Asyl zu gewähren. Es müsse verhindert werden, dass er in die USA gebracht werde. Jemand, der "Kriegsverbrechen aufdeckt, darf nicht an die Kriegsverbrecher ausgeliefert werden", so Pilz zum STANDARD.

Die US-Justiz wirft Assange vor, sich gemeinsam mit der von Barack Obama begnadigten und seit einer Woche erneut inhaftierten Whistleblowerin Chelsea Manning zum Eindringen in ein Computernetzwerk der Regierung verschworen zu haben. Manning, die vor ihrer geschlechtsangleichenden Operation als Bradley bekannt und als Computer-Analyst bei den US-Streitkräften eingesetzt war, hatte brisante Regierungsdokumente beschafft. Diese enthüllten unter anderem schwere Straftaten der US-Armee in Afghanistan und wurden von Wikileaks veröffentlicht. Konkret wird Assange beschuldigt, Manning dabei geholfen zu haben, ein Passwort eines Computernetzes der Regierung zu knacken.

Die seit Assanges Flucht in das ecuadorianische Botschaftsasyl kursierenden Gerüchte, wonach im Falle seiner Verhaftung oder seines Todes brisante Daten automatisch veröffentlicht würden, haben sich bisher jedenfalls nicht bewahrheitet. (Florian Niederndorfer, Markus Sulzbacher, 13.4.2019)

Anmerkung: Dieser Artikel wurde aktualisiert