Angeber. Alle beide. Da bleiben sie sich nichts schuldig. Der eine, der Kleinere, der klingt, als ob er alle Blasmusikkapellen des Burgenlands geschluckt hätte. Der andere, der grad mit den Zechennägeln über die Vier-Meter-Markierung speanzelt, der hat 30 TFSI am Hintern stehen. Fast wäre ich dem Kollegen Stockinger in einem Anfall von Euphorie um den Hals gefallen. Schnell hab ich zusammengezählt: Drei Liter Benziner in der alten Audi-Währung sind heute umgerechnet ein Vier-Zylinder-Turbo mit weit jenseits der 300 PS. Das ist die Leistungsklasse, in der sich der Abarth 695C Rivale zumindest akustisch bewegt. Der hat aber – so gesehen – "nur" 180 PS.

Der Audi A1 Sportback ist grad ein bisserl länger als die vier Meter.
Foto: Guido Gluschitsch

Halten wir fest: Der Audi A1 Sportback hat diese PS-Erwartung nicht ganz erfüllt, erklärte so aber bis zur ersten Kreuzung den völlig verstörten Gesichtsausdruck des Kollegen Stockinger. Man muss wissen, dass ich um keinen Audi in der Redaktionsgarage raufe. Da gibt es Kollegen, die haben damit weitaus mehr Freud. Jedenfalls passte mein R8-Lächeln so gar nicht zum A1, weil der, neueste Nomenklatur, kein 300 PS-Bolide, sondern ein 116 PS starker Drei-Zylinder-Turbo ist.

Das Cockpit des Audi kommt inzwischen ohne Zeiger aus.
Foto: Guido Gluschitsch

Drei-Zylinder-Motoren zu bauen, die nicht nerven wie Fußpilz, das ist eine große Kunst, die nur wenige beherrschen. Und Überraschung: Audi gehört dazu. Binnen weniger Stunden wurde der A1 Sportback, in dem frechen Gelb, zum persönlichen Lieblings-Audi. Und ja, ich bin schon R8 gefahren.

Foto: Guido Gluschitsch

Beim A1 passt einfach alles. Er ist kompakt genug, um nicht A6-protzig zu sein, fährt sich fantastisch und exakt, ist innen wie außen wirklich gelungen und hat noch dazu, gerade in Anbetracht der abverlangten Fahrleistungen, einen moderaten Verbrauch. Wären nicht die 40 Plärrer und der Spurverlassenswarner, der ein wirklich schlechter Beifahrer ist, hätte ich den Sitz schon rausgerissen und gegen einen getauscht, der ein paar Zentimeter tiefer ist.

Hohe Sitzpositionen

Ein paar Zentimeter tiefer genügen beim Abarth nicht, um eine gute Sitzposition zu finden. Man hat fast den Eindruck, als hätten die Italiener mit Gewalt versucht, einen Hocker zu finden, der es einem erlaubt, bei offenem Dach, oben raus zu schauen. Die Wahrheit ist aber vermutlich banaler und grauslicher, als wir denken.

Rivale. Ganz ohne Rivalitäten.

Beide Autos sollen wohl gerade weibliche Kunden ansprechen, und von denen nimmt man anscheinend an, dass sie lieber hoch als sportlich sitzen. Wenn dem so ist, dürften diese Entscheider meine Frau nicht kennen. Und ihr Vokabular, das zum Teil wohl der Historie des Vaters als Bierführer entspringen dürfte. Das packt sie aus, wenn sie mit dem Sitz nicht auf die Bodenplatte kommt. Da ist es dann gut, dass der Abarth im Sportmodus ein bisserl gar laut ist. Und bei der nächsten Ampel hat sie sich dann eh wieder beruhigt, streicht über das Holz am Armaturenträger und beginnt von einer Jacht zu schwärmen.

So sieht die Sonne den Innenraum des Abarth.
Foto: Guido Gluschitsch

Rivale, der Namenszusatz am 695 Cabrio von Abarth, hat mit Riva zu tun, dem exklusiven italienischen Jachtbauer, der zur Feretti-Gruppe gehört. Und genau so edel wie die Schifferl ist die hölzerne Leiste im Auto. Es ist ein vergleichsweise zierliches Brettl, aber sonst wäre der Ab-Preis von unter 35.000 Euro für dieses feine und kleine Cabrio wohl nicht zu halten gewesen.

Ausschauen tut er eh so ähnlich wie das 500er-Cabrio von Fiat.
Foto: Guido Gluschitsch

Rennwagen sind beide keine, auch wenn sie mit den unterschiedlichen Insignien der Sportlichkeit angeben. Eigentlich geht es aber um was anderes. Dort wie da kann man mit ruhigem Gewissen eine gute Stange Geld in ein Auto versenken, das viel Freude macht und den anderen Verkehrsteilnehmern trotzdem nicht gleich die eigenen Komplexe hinterm Nummernschild präsentiert. (Guido Gluschitsch, 30.4.2019)

Foto: Guido Gluschitsch