Passt das Sofa besser an die Wand oder in die Mitte des Raumes? Wo kommt der Esstisch hin? Wo ist der beste Platz für die neue Stehlampe? Wer sich neu einrichtet, der misst aus, probiert, schiebt Möbel, zeichnet händisch Skizzen oder: erstellt online einen Grundriss und plant vorab virtuell. Das geht mit allerhand Programmen, die kostenlos oder gegen Gebühr auf den Computer heruntergeladen werden können.

Dass die Menschen gern digital einrichten, zeigen Smartphone-Apps wie Design Home. "Lass deiner Kreativität bei täglichen Design-Herausforderungen freien Lauf" heißt es in der Beschreibung im App-Store. Und tatsächlich, das Spiel scheint Suchtpotenzial zu haben. "Ein Beistelltisch aus Teak oder Mahagoni? Welche türkisfarbene Ottomane passt am besten in den Außenbereich dieser türkischen Villa? Fragen wie diese halten mich nachts wach", schreiben Nutzer, die über ihre Erfahrungen mit dem Spiel im Web berichten.

Online-Tools werden den Kontakt mit den Kunden nicht ersetzen, glauben Experten.
Foto: Magdalena Rawicka

Liegt also nahe, dass auch die eigene Wohnung mit Hilfe aus dem Internet eingerichtet wird. Für Privatpersonen gibt es Programme wie Roomeon, Roomsketcher oder Sweethome3D. Erst wird der Grundriss erstellt, dann kann der Nutzer Fenster und Türen einsetzen sowie Bodenbeläge und Wandfarben wählen. Als Nächstes kommen Möbel, Beleuchtung und Pflanzen in den Raum. So soll sich zeigen, wie gut ein Einrichtungsgegenstand in die vorgesehene Position passt oder ob der Raum zu vollgestopft wirkt.

Das komplette Zuhause virtuell nachbauen kann man etwa mit dem Programm Roomeon.
Foto: roomeon.com

Je nach Programm wird mit standardisierten Möbeln gearbeitet, deren Größe und Farbe selbst angepasst werden, oder mit Stücken echter Hersteller, etwa von Ikea oder Vitra. Praktisch: Daneben steht der Preis, beim Planen hat man also eine Übersicht, wie viel man für die Einrichtung ausgibt.

Ort besser vorstellen

Apropos Möbelhersteller: Auch sie haben die Online-Tools bereits für sich entdeckt. Auf der Homepage von Ikea können Kunden "ihr eigener Innenarchitekt werden" und – teilweise in 3D – Küchen, Schrank- und Aufbewahrungssysteme, Badezimmer, Stühle, Sofaserien und Schreibtische planen. "Online-Planungstools werden immer beliebter", sagt Nathalie Schmoll von Ikea Deutschland. Man will den Kunden dabei helfen, "sich einen Ort besser vorzustellen", heißt es auch in einem Werbespot für die Ikea-Place-App. Damit kann ein Raum im eigenen Zuhause gescannt, ein Möbelstück in der App ausgesucht und in virtueller Realität am gewünschten Ort neben der eigenen Kommode im Wohnzimmer ausprobiert werden. Viele Menschen seien unsicher bei der Einrichtung oder der Umgestaltung ihres Zuhauses. Besonders wenn es darum geht, wie ein neues Möbelstück zu dem passt, was sie bereits zu Hause haben. "Durch die Augmented-Reality-App kann visuell dargestellt werden, wie die Produkte aussehen werden, bevor Kunden sie kaufen", so Schmoll.

Mit der Ikea-Place-App kann ein Möbelstück in virtueller Realität am gewünschten Ort betrachtet werden.
Foto: Inter Ikea Systems B.V.

Und virtuell geht man bei Ikea auch noch einen Schritt weiter. Im Einrichtungshaus Berlin-Lichtenberg gibt es für Besucher einen Showroom, in dem Kunden Möbel in Echtzeit konfigurieren können. Materialien, Texturen und Wandfarben sind veränderbar, durch einen Tageszeitwechsel können die Produkte in unterschiedlichen Lichtstimmungen betrachtet werden. Der VR-Prototyp soll künftig auch an anderen Ikea-Standorten angeboten werden. Online-Tools werden den persönlichen Kontakt mit Mitarbeitern zwar nicht ersetzen, glaubt man bei Ikea. Die Stärke liege in der Kombination aus Möbelhaus und Web-Angeboten. "Kunden können sich vorab mit den Online-Planern vorbereiten und sich dann vor Ort persönlich beraten lassen", so Schmoll.

Vorstellung fehlt

Die Lichtsituation, die bei Ikea in Berlin mit virtueller Realität dargestellt wird, ist ein Thema, auf das in Online-Planungstools zu wenig eingegangen wird, sagt die Wiener Innenarchitektin Ines Schmitzer. Auch wenn etwa bei Roomeon unterschiedliche Lichtquellen, Tageslichtsituationen und sogar der Stand der Sonne angegeben werden können, ist das mit der Realität kaum vergleichbar. Schmitzer hat immer öfter Kunden, die sich vorher mit einer Online-Anwendung schon grob die Einrichtung überlegt haben, dann aber von ihr als Expertin eine persönliche Meinung wollen. "Am Ende fehlt vielen doch die Vorstellung. Die Menschen wollen an die Hand genommen werden", sagt Schmitzer. Sie hält diese Programme für eine sinnvolle Ergänzung, die einen Innenarchitekten aber nicht ersetzen können. Zudem glaubt sie: "Die Computerprogramme sind zwar sehr gut, ein Material oder die Oberfläche einer Wandverkleidung angreifen zu können ist aber etwas ganz anderes. Da können wir als Profis mit viel mehr Erfahrung beraten."

So sieht eines der zwei Möbelpakete von 6B47 in Kooperation mit Roomhero aus.
Foto: 6B47

Auch bei gewerblichen Bauträgern sind Online-Einrichtungsmöglichkeiten schon angekommen. Der Immobilienentwickler 6B47 kooperiert im Projekt Albatros im Wiener Bezirk Landstraße mit dem deutschen Unternehmen Roomhero. Es übernimmt auf Wunsch die komplette Inneneinrichtung von Wohn- und Büroimmobilien. Wer in eine Wohnung von 6B47 investieren will, kann von zu Hause aus ein Möbelpaket zusammenstellen und einen von zwei zuvor zusammengestellten Interieur-Stilen wählen, Montage und Lieferung sind inklusive. "Eine gute Einrichtung bietet einen Mehrwert, sowohl in der Vermarktung als auch bei der Vermietung – die Möbel können mitvermietet werden", sagt Martin Renezeder, bei 6B47 zuständig für Digitalisierung und Innovation.

Viel Zeit

Fürs eigene Zuhause braucht es allerdings mehr als ein paar Klicks. Sich mit einem der Online-Planer vertraut zu machen dauert ganz schön lange, wie der Eigenversuch zeigt. Auch die Innenarchitektin sagt: "Eine ganze Wohnung auszumessen und dann maßstabsgetreu darzustellen ist ein großer Zeitaufwand. Für Laien ist es noch herausfordernder."

Dann bieten sich vielleicht doch fiktive Spiele wie Design Home oder The Sims an, mit denen man die Leidenschaft fürs Einrichten ausleben kann. Letzteres war vor allem Anfang der 2000er-Jahre ein großer Renner. Die Aufgaben des Lebenssimulationsspiels bestand darin, Häuser zu bauen, Freundschaften zu schließen und Geld zu verdienen. Bevor mit den virtuellen Charakteren "losgelebt" wird, müssen ihre Wohnungen und Häuser möbliert und eingerichtet werden. Diese "Vorarbeiten" waren für manche Spieler schon damals aufregender als das eigentliche Spiel – die Autorin dieser Zeilen nicht ausgenommen. Und wenn es dann doch ernst wird und um die eigenen vier Wände geht: lieber den Profi ranlassen. (Bernadette Redl, 30.5.2019)