Die letzte Steuerreform fand 2016 statt, die nächste soll nun in mehreren Etappen über die Bühne gehen.

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Finanzminister Hartwig Löger beziffert das Entlastungsvolumen im Jahr 2022 mit 6,5 Milliarden Euro.

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Wien – Die türkis-blaue Koalition hat am Wochenende einen STANDARD-Bericht bestätigt, wonach das Volumen der Steuerreform größer ausfallen wird als noch bei einer Regierungklausur im Jänner beschlossen. Die in drei Etappen geplante Entlastung soll im Endausbau im Jahr 2022 ein Volumen von 6,5 Milliarden Euro umfassen, geht aus einer Presseunterlage des Finanzministeriums hervor. Ursprünglich war von 4,5 Milliarden Euro die Rede.

Mit Details hält sich Minister Hartwig Löger (ÖVP) allerdings noch zurück. Weitere Informationen sollen am Dienstag gemeinsam mit Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache präsentiert werden.

Krankenversicherungsbeiträge senken

Bei ihrer Klausur im Jänner in Mauerbach hatte die Regierung nur einige Eckpunkte festgelegt und auch nur für das erste Jahr der Entlastung ein Volumen genannt – nämlich eine Milliarde Euro. 700 Millionen Euro davon sollte die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge kosten, die der Bund den Krankenkassen ersetzen will.

Zudem wurde eine Erhöhung der Werbungskostenpauschale von 132 auf 300 Euro versprochen, womit sich 60.000 Personen die Abgabe einer Steuererklärung ersparen würden. Für Kleinunternehmer soll die sogenannte "Kleinunternehmergrenze", das heißt jene Umsatzgrenze, ab der Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen ist, erhöht werden. Kleinere Schritte sind laut dem Ministerrratsbeschluss von damals zudem in Richtung Ökologisierung des Steuersystems angedacht. Demnach sollen Fahrzeuge mit geringem Schadstoffausstoß steuerlich begünstigt werden. Steuerliche Anpassungen wurden auch für die Bereiche "Photovoltaik, Biogas und Wasserstoff" angekündigt.

Inklusive Familienbonus 8,3 Milliarden

Ob diese Punkte weiterhin 2020 kommen bzw. sich am Volumen für dieses Jahr etwas ändert, wollte ein Sprecher von Finanzminister Löger am Samstag nicht bestätigen. Kommuniziert wird vorerst nur, dass das Gesamtvolumen von 4,5 auf 6,5 Milliarden Euro erhöht wird. Inklusive des bereits heuer in Kraft getretenen Familienbonus wird das Entlastungvolumen im Jahr 2022 mit 8,3 Milliarden Euro angegeben.

Laut dem Thinktank Agenda Austria wird damit aber im Grunde nur die kalte Progression seit der letzten Steuerreform 2016 abgegolten. In Österreich werden die Steuerstufen nämlich nicht an die Inflation angepasst. Da aber Löhne und Preise steigen, führt das dazu, dass die Steuerbelastung zunimmt, auch wenn die Menschen real nicht mehr verdienen. Die Agenda Austria beziffert die kalte Progression seit 2016 mit etwa 8,5 Milliarden Euro.

Gegenfinanzierung offen

Zur Frage, wie das nun erhöhte Entlastungsvolumen konkret finanziert werden soll, gibt es vorerst keine Auskunft. Nur so viel: Im Zuge des nach Brüssel gemeldeten Stabilitätsprogramms, in dem man sich auch in den kommenden Jahren zu einem ausgeglichenen Haushalt verpflichtet, habe man bereits vereinbart, eine zusätzliche Milliarde "im System" einzusparen.

Die zweite Milliarde werde man durch "zusätzliche Maßnahmen" erarbeiten, die allerdings erst im Rahmen der ab Juli laufenden Budgetgespräche geklärt werden sollen. Ob ein Teil der Gegenfinanzierung auch einnahmenseitig, also durch Steuererhöhungen in anderen Bereichen, erfolgen könnte, lässt der Ressortsprecher offen. Ganz allgemein hält Löger in der Presseunterlage aber fest: "Das ist eine Steuerentlastung mit Hausverstand, weil sie nicht durch neue Schulden und neue Steuern, sondern durch Sparen im System finanziert wird".

Untere Steuerstufen senken

Der größte Teil der Entlastung soll jedenfalls in die Senkung der Einkommensteuer fließen, die voraussichtlich 2021 kommt. Im Gespräch war eine Absenkung der drei unteren Tarife (25, 35 und 42 Prozent) auf 20, 30 und 40 Prozent. Davon würden auch Einzelunternehmer und Personengesellschaften profitieren.

Für Kapitalgesellschaften ist eine Senkung der Körperschaftsteuer (derzeit 25 Prozent) geplant. Hier gab es von den Interessensvertretungen allerdings unterschiedliche Wünsche. Die Wirtschaftskammer drängt auf eine stärkere Senkung des Prozentsatzes, die Industriellenvereinigung lobbyiert dafür, dass nicht entnommene Gewinne stärker begünstigt werden und könnte sich im Gegenzug damit anfreunden, dass die Senkung des KöSt-Satzes weniger stark ausfällt.

Zu all diesen Fragen will sich das Finanzministerium vorerst aber nicht äußern. Kanzler Kurz erklärt: "Wir geben den Menschen zurück, was ihnen der Staat über viele Jahre weggenommen hat." Er und Strache sehen damit ein Wahlversprechen eingelöst, man entlaste vor allem kleinere und mittlere Einkommen, ziehe den Bürgern aber nicht wie frühere Regierungen das Geld wieder "aus der anderen Tasche" heraus. (Günther Oswald, 28.4.2019)