Es fällt schwer, zumal wenn man selbst Kinder hat, beim Thema Impfen objektiv zu sein. Wann und wo auch immer man privat diskutiert, es gibt offensichtlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder sind Eltern für das Impfen, oder sie sind dagegen. Standpunkte irgendwo in der Mitte sind rar gesät.

Der Transparenz halber sei gesagt: Ich befürworte alle Impfungen gegen schwere Krankheiten, die möglich sind und möglichst umfassenden Schutz bieten. Meine Kinder sind "gut durchgeimpft", wie unsere Kinderärztin sagen würde. Das hatte neben gesundheitlichen auch praktische Vorteile: Während etwa der halbe Kindergarten mit Feuchtblattern darniederlag und Eltern von zwei Kindern bis zu vier Wochen daheim Krankenpflege betreiben mussten, blieb dies unseren Kindern und uns erspart. Träger einer ansteckenden Krankheit zu sein heißt nicht nur, nicht in den Kindergarten, in die Schule oder in die Arbeit gehen zu können. Es bedeutet auch: kein Einkaufen im Supermarkt, kein Besuch auf dem Spielplatz, Fahren in Öffis tunlichst einschränken – es sei denn, man ist mit einem besonderen Ignoranz- und Hinter-mir-die-Sintflut-Gen ausgestattet.

Niedrige Impfrate gegen Masern-Mumps-Röteln

Dass dieses in Österreich durchaus verbreitet ist, zeigt die im internationalen Vergleich beschämend niedrige Impfrate gegen Masern-Mumps-Röteln. Wer sich einmal damit befasst hat, welche Spätfolgen diese Krankheiten haben können, versteht umso weniger, warum sich Eltern absichtlich dagegen entscheiden. Am allerwenigsten versteht man, warum Österreichs Gesundheitsbehörden dieses Problem immer noch nicht in den Griff bekommen. Die Bemühungen im Sinne breit angelegter Aufklärungskampagnen müssen intensiviert und (unberechtigte) Ängste konkret angesprochen werden.

Es ist erschreckend, dass zwölf Prozent aller in Gesundheitsberufen Beschäftigten, die es eigentlich besser wissen müssten, eine "eher negative" Meinung zum Impfen haben. Die Forderung der Volksanwaltschaft, Impfungen für Beschäftigte in Gesundheitsberufen vorzuschreiben, ist daher grundvernünftig. Die Kürzung des Kindergeldes bei Verweigerung der Masern-Mumps-Rötel-Impfung und Kindergartenbesuch nur bei Vorlage des Impfpasses müssen der nächste Schritt sein. Das von der Gesundheitsministerin bevorzugte "System der Freiwilligkeit" ist angesichts von 79 Masernfällen in vier Monaten offensichtlich gescheitert. (Petra Stuiber, 29.4.2019)