Er wird heute Details zur Reform bekanntgeben: Finanzminister Hartwig Löger.

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Die beiden Regierungsparteien haben es im Wahlkampf angekündigt, und so kommt es nun auch: Zusätzlich zur Senkung der Steuern für Arbeitnehmer, werden auch Unternehmen entlastet. Nach STANDARD-Informationen wird die Körperschaftsteuer (KöSt) von 25 Prozent in zwei Etappen auf 21 Prozent gesenkt. Zieht man als Basis die im vergangenen Jahr von Unternehmen bezahlten Gewinnsteuern heran, entspricht das einer Entlastung von rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr.

Bis zuletzt sollen noch diverse andere Pläne diskutiert worden sein. Darunter etwa eine starke Senkung der KöSt für Unternehmen mit niedrigem Gewinn. Noch im Wahlkampf hatten FPÖ und ÖVP gefordert, die Körperschaftsteuer nur auf sogenannte nichtentnommene Gewinne zu streichen (ÖVP) beziehungsweise zu halbieren (FPÖ). Damit sollte die Investitionstätigkeit der Unternehmen angeregt werden. Von diesem Vorhaben hat man sich verabschiedet – nun kommt die Senkung für alle, und zwar ohne Auflagen. Einen Investitionsanreiz gibt es nicht.

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Aber was ist die ökonomische Begründung dafür? Bei den Arbeitnehmern drängen sich Steuersenkungen in regelmäßigen Abständen auf. Der Grund dafür ist simpel: Weil die Einkommen der Arbeitnehmer steigen, steigt auch die Steuerbelastung stetig. Ein immer größerer Teil des Gehalts landet in einer höheren Steuerstufe. Diese schleichende Steuererhöhung ("kalte Progression") wird über Entlastungen in Österreich immer wieder ausgeglichen.

Einen ähnlichen Effekt gibt es bei Unternehmen nicht. Dort gibt es mit der Körperschaftsteuer eine Flat Tax, die Steuerbelastung steigt also nicht. Dementsprechend kam am Montag Kritik an den Regierungsplänen. Die Globalisierungskritiker von Attac sprachen von einem "Riesengeschenk für Konzerne".

Entlastung notwendig

Dagegen argumentiert die Industriellenvereinigung, dass eine Entlastung der Unternehmen notwendig wäre, "um international wettbewerbsfähig arbeiten zu können". Werden Konzerne zu stark besteuert, bauen sie weniger neue Fabriken und kaufen weniger Maschinen. Damit schaffen sie auch weniger neue Jobs – die Wirtschaft leidet, so das Argument.

Tatsächlich ist laut dem Ökonomen Benjamin Bittschi vom Institut für Höhere Studien (IHS) zuletzt der internationale Steuerwettbewerb wieder in Gang gekommen. 2018 haben die USA ihre Körperschaftsteuer von 35 auf 21 Prozent gesenkt. Berücksichtigt man noch, dass viele amerikanische Bundesstaaten selbst Steuern einheben, liegt die Gesamtbelastung der Unternehmen bei rund 24 Prozent. Trotzdem: insgesamt eine kräftige Senkung.

Doch die USA sind weit weg und stehen, so Ökonom Bittschi, kaum in direkten Mitbewerb um Investitionen mit Österreich. Auch in Europa haben mehrere Staaten vorgelegt. Belgien senkt die Steuern schrittweise von ursprünglich 33,99 auf 25 Prozent bis 2020. Auch Schweden und Großbritannien haben leichte Steuersenkungen vorgenommen. Das drastische Beispiel ist aber Ungarn: Die ungarische Regierung hat schon 2016 die Gewinnsteuern von 19 auf neun Prozent gesenkt.

Steht Österreich also unter Druck zu handeln? Bittschi vom IHS formuliert es so: Österreich gehöre zu jenen Ländern, die früh aktiv werden und gleich mit der Welle mitschwimmen. Der wichtigste heimische Handelspartner, Deutschland, hat bis dato die Unternehmenssteuern nicht gesenkt. Dort liegen sie bei insgesamt etwas unter 30 Prozent. Auch im Nachbarland Italien wird zwar gerade über eine Senkung der Körperschaftssteuer von 24 auf 20 Prozent diskutiert, ob sich das finanzieren lässt, ist aber noch völlig ungewiss. Das Nachbarland Slowakei hat die KöSt 2012 sogar wieder etwas erhöht (auf heute 21 Prozent). Und was sagen Ökonomen, bringt eine Steuersenkung mehr Investitionen?

Margit Schratzenstaller vom Wifo bejaht das. Allerdings ist das Ausmaß des Effekts umstritten, und großen Sprünge dürfe man sich nicht erwarten. Studien besagen, dass für jeden Prozentpunkt, um den die Körperschaftsteuer sinkt, die Investitionen irgendwo in der Bandbreite von 0,4 bis 1,5 Prozent zulegen. Ökonom Bittschi meint, dass die Werte aus der Vergangenheit aber nur bedingt für aktuelle Schätzungen taugen. Die Kreditzinsen sind drastisch gesunken. Große Investitionsprojekte lassen sich aktuell zu extrem niedrigen Zinsen finanzieren. Das erhöht die Rentabilität von Projekten, und der Druck, Steuern zu senken, ist nicht so hoch.

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Bisher blieben Einnahmen stabil

Einen interessanten Trend gibt es: Die Unternehmenssteuern sinken in Industrieländern seit gut zwei Jahrzehnten, aber die Einnahmen sind stabil. Das gilt auch für Österreich. Unternehmen tragen im Vergleich zum gesamten Steueraufkommen über die vergangenen Jahrzehnte via KöSt etwa gleich viel bei.

Woran das genau liegt, ist Gegenstand aktueller Debatten in der Forschung. Die EU-Kommission ist in einer Studie zu dem Ergebnis gekommen, dass viele Länder zwar die Steuersätze kräftig gesenkt haben, im Gegenzug wurden Unternehmen aber Abzugsmöglichkeiten gestrichen. Die Unternehmen müssen also in Summe mehr versteuern – zu einem niedrigeren Tarif. (András Szigetvari, 30.4.2019)