Im Bildungsministerium rumort es ziemlich. Der Wechsel auf der politischen Ebene von Rot-Schwarz zu Türkis-Blau zieht nämlich auch sehr weitreichende personelle und strukturelle Änderungen im Ressort am Minoritenplatz 5 nach sich, vor allem in den Bildungssektionen. Die Darstellungen der Vorgänge gehen – wie meist in solchen Fällen – weit auseinander. Die einen sprechen von "brutaler Umfärbung", die anderen von notwendiger "Dynamisierung" eines über die Jahre etwas unbeweglich gewordenen Hauses.
Faktum ist, dass elf Führungskräfte – vier Sektionschefs sowie einige Gruppen- und Abteilungsleiter – ihre Posten räumen mussten und durch neue Personen ersetzt wurden. Das ist an sich nicht total ungewöhnlich nach einem Koalitionswechsel. Nicht zufällig ist auch in diesem Fall die Rede davon, dass fast alle der Abgesetzten als eher SPÖ-nah gelten und die neuen Funktionsinhaber allesamt dem türkisen Personalpool zugerechnet werden. Dem türkisen, wohlgemerkt, wie intern mit Blick auf die sehr wohl auch vorhandene "schwarze" Beamtenschaft im Haus betont wird.
Kabinettschef leitet Gruppe Allgemeinbildung
Mehr als ungewöhnlich ist hingegen die von Kritikern als "demokratiepolitisch ein Wahnsinn" bezeichnete Tatsache, dass der Kabinettschef des Bildungsministeriums – also ein politisch besetzter Gewährsmann der ÖVP-FPÖ-Regierung – in der jüngsten Geschäftsordnungsreform selbst eine Gruppenleitung im Ministerium übernommen hat – und zwar jene für Allgemeinbildung.
Markus Benesch war, bevor er die Leitung des Kabinetts von Bildungsminister Heinz Faßmann übernahm, Kabinettsmitarbeiter des damaligen Außenministers und jetzigen Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP). Faßmann, der Kurz in Integrationsfragen beraten hat, kannte ihn also von früher. Der Minister selbst ist als Parteifreier im ÖVP-Regierungsteam.
Als Gruppenleiter ist Kabinettschef Benesch dem Sektionschef für Allgemein- und Berufsbildung (früher zwei Sektionen), Klemens Riegler-Picker, einem Psychologen, der aus dem Wirtschaftsministerium kam, nachgeordnet. An dieser Doppelfunktion entzündet sich auch deswegen besondere Kritik, weil Benesch mit dem Bereich Allgemeinbildung in ganz zentralen bildungspolitischen Themen "durchregieren" kann, wie es im Ministerium heißt.
Bildungsministerium ohne Pädagogen
Ein zentraler Kritikpunkt, der intern auch geäußert wird, bezieht sich darauf, dass mit Benesch nicht der Einzige ohne ausgewiesene pädagogische Expertise just im Bildungsministerium an zentraler Stelle sitzt. "Man hat jetzt so ziemlich alle Pädagogen entfernt", hieß es in vertraulichen STANDARD-Gesprächen. So ist etwa für die neu geschaffene Abteilung Elementarbildung eine Juristin zuständig, die davor im Außenministerium federführend an der Formulierung des Antigesichtsverhüllungsgesetzes beteiligt war.
Chefin der neuen Sektion II für "Personalentwicklung, Pädagogische Hochschulen, Schulerhaltung und Legistik" ist mit Margareta Scheuringer eine Handelswissenschafterin, die im Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus als Abteilungsleiterin für zwölf land- und forstwirtschaftliche Schulen, die österreichischen Bundesgärten und die Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik verantwortlich war.
Ein roter Sektionschef durfte bleiben
Bei einer weiteren neuen Sektion für Bildungsentwicklung und Bildungsmonitoring kam hingegen mit Andreas Thaller der von SPÖ-Vorvorgängerin Gabriele Heinisch-Hosek installierte und auch unter Sonja Hammerschmid amtierende Generalsekretär und Präsidialsektionschef zum Zug.
Im STANDARD-Gespräch verteidigt Faßmann jede einzelne Personalie mit Nachdruck:
Der von einer SPÖ-Ministerin rekrutierte Thaller sei im Übrigen auch kein Pädagoge, sondern habe eine erfolgreiche Polizistenkarriere hinter sich, betont Faßmann. Wesentlich für eine Führungsfunktion in einem Ministerium sei "nicht unbedingt Fachexpertise, sondern ein grundlegendes Verständnis für das Ressort und vor allem Managementexpertise".
Die abgesetzten Führungskräfte sind nun im Rahmen ihrer Dienstverträge anderweitig im Ministerium eingesetzt. Drei der früheren Sektionschefs jeweils als Ombudsmann für Sexualpädagogik (Kurt Nekula, vormals Sektion Allgemeinbildung), als Gruppenleiter für Personalvollzug und Schulerhaltung (Helmut Moser, unter ÖVP-Ministerin Gehrer Leiter der Präsidialsektion, zuletzt interimistisch als Chef der Sektion II unter anderem für PHs und Schulerhaltung zuständig) und als Direktorin des Bifie, das 2020 als Institut für Qualitätssicherung im österreichischen Schulwesen ins Ministerium eingegliedert wird (Andrea Weilguny, vormals Sektion II). Christian Dorninger (berufsbildende Schulen) ist mittlerweile in Pension. (Lisa Nimmervoll, 2.5.2019)