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Verteidigungsminister Vladimir Padrino gilt als entscheidender Faktor im derzeit tobenden Machtkampf in Venezuela.

Foto: Reuters/Handout

Er ist das Zünglein an der Waage im venezolanischen Machtkampf: Vladimir Padrino, Verteidigungsminister und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Glaubt man den USA, war der 55-Jährige Anfang der Woche bereit, die Seiten zu wechseln, habe es sich in letzter Minute aber anders überlegt und Machthaber Nicolás Maduro die Stange gehalten. Das mag Mythos sein, eine gut aufgestellte Falle für US-Verschwörer oder ein Körnchen Wahrheit haben – so genau weiß man es bei Pokerface Padrino nicht. Er ist ein kantiger Typ, Militär durch und durch. Seine Sätze sind kurz und holprig, oft wiederholt er nur stereotypartige Propaganda.

Der sportliche Mann mit dem grauen Bürstenhaarschnitt und den buschigen Augenbrauen ist der Rasputin im Erdölstaat, derjenige, bei dem die Fäden der Macht zusammenlaufen. Seit 2014 ist Padrino Verteidigungsminister und Oberkommandant der Streitkräfte. Er bestimmt über rund 2000 Generäle und 350.000 Soldaten.

Als Superminister koordiniert er das Krisenkabinett und ist in letzter Instanz verantwortlich für die Erdöl- und Grundstoffindustrien, die das Militär mittlerweile kontrolliert. Er sei kein Freund der Militarisierung des Staates, sagte er, als er zum Superminister ernannt wurde. Aber etwas Disziplin schade nicht. Politische Ambitionen werden ihm nicht nachgesagt, aber durch die Kontrolle über die wichtigsten Wirtschaftssektoren des Landes sind die Militärs inzwischen ein Staat im Staate – und von ebenso korrupten Partikularinteressen durchsetzt wie der zivile Sektor.

Diszipliniert, höflich, fleißig

Geboren 1963 im ärmlichen Westen von Caracas als Sohn einer Volksschullehrerin und eines Arbeiters, machte er nach der Matura die Aufnahmeprüfung an der Militärakademie. Danach ging er zur Infanterie; 1995 besuchte er einen Kurs der berüchtigten School of Americas, an der die USA die lateinamerikanischen Streitkräfte in Techniken des schmutzigen Krieges gegen "kommunistische Subversive" unterrichteten. Als "diszipliniert, höflich, fleißig, humorvoll, gehorsam und prinzipientreu", erinnert sich seine Cousine Minerva an ihn, die sich heute allerdings "für ihn schämt". Mitstreiter bezeichnen ihn zwar nicht als akademisch brillant, aber als "kühl kalkulierenden Strategen". Wenn er eine Achillesferse hat, ist es seine Eitelkeit. Schon als Soldat stand er bei Galafeiern immer in der ersten Reihe. Bis heute lässt er sich in allen möglichen Posen ablichten, am liebsten mit jungen Frauen oder behängt mit Orden.

Seinen Aufstieg verdankt Padrino dem verstorbenen Hugo Chávez, dem er während des Putschversuchs 2002 treu blieb, als er Kommandant des Infanteriebataillons in der Hauptstadtkaserne von Fuerte Tiuna war. Von da an bekam er immer wichtigere Posten. 2010 wurde er zum General befördert, 2012 machte ihn Chávez zum Heereschef. Seither ist es üblich, dass sich die früher unpolitischen Streitkräfte öffentlich zum "antiimperialistischen Sozialismus" und zur Revolution bekennen. Das brachte Padrino harsche Kritik der Opposition ein.

Keine grenzenlose Loyalität

Padrino gilt als loyaler Regierungsanhänger, doch auch für ihn gibt es Grenzen – die ihm offenbar seine eigenen Waffenbrüder aufzeigen. Als in der Wahlnacht im Dezember 2015 der sozialistische Politiker Diosdado Cabello die Niederlage bei der Parlamentswahl nicht anerkennen und bewaffnete Schlägertrupps mobilisieren wollte, trat Padrino vor die Presse. Flankiert vom Generalstab erklärte er, die Streitkräfte würden jeden Versuch der Sabotage des Volkswillens unterbinden.

Die Opposition atmete auf. Cabello soll Padrino wütend als "Ratte" bezeichnet haben. Anschließend gab es parteiinterne Versuche, Padrino abzusägen. Den Machtkampf entschied er für sich.

Seither aber hat Padrino alle noch so haarsträubenden Initiativen Maduros abgesegnet, sei es die Entmachtung des Parlaments oder die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung. Auch der Schießbefehl auf Demonstranten geht auf seine Initiative zurück. Er habe sich zum Komplizen der Menschenrechtsverletzungen des Regimes gemacht, warf ihm sein Cousin Ernesto in einem offenen Brief vor.

Wie viele Funktionäre hat er seine Kinder ins Ausland geschickt. "Deine Familie lebt ihre Freiheit und Träume, die du unseren Kindern versagst", warf ihm seine Cousine Minerva vor, die allerdings selbst in Florida lebt. Wirtschaftlich dürfte er wie alle hohen Chargen des Regimes ausgesorgt haben. Er ist Teilhaber diverser Import-Export-Firmen. (Sandra Weiss, 4.5.2019)