Bei einer Hauptversammlung, im Bild eine der OMV aus dem Jahr 2016, stellt sich die Konzernleitung den Eigentümern.

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Im Wonnemonat Mai ist gewissermaßen Hochsaison für die jährlichen Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften. Dass es bei diesen Aktionärstreffen um mehr geht, als bloß die Vorschläge des Managements abzunicken, zeigt der aktuelle Zwist unter den Eigentümern der 3-Banken-Gruppe: Die Unicredit Bank Austria hat im Vorfeld der Hauptversammlungen von BKS und BTV Sonderprüfungsanträge von Kapitalerhöhungen eingebracht, offenbar aber nicht bei der Oberbank. Was die Bank Austria damit bezweckt, wurde nicht klar kommuniziert – die im Mai anstehenden Hauptversammlungen der 3-Banken-Gruppe könnten darüber Aufschluss geben.

Aber auch abseits solcher Spezialsituationen empfiehlt Kleinaktionärsvertreter Wilhelm Rasinger, Präsident des Interessenverbands für Anleger (IVA), den Besuch von Hauptversammlungen, um an Informationen aus erster Hand zu kommen. Dabei geht es nicht nur um das reine Zahlenwerk eines Unternehmens, das ohnehin öffentlich zugänglich ist, sondern auch um den persönlichen Eindruck vom Management. Ist es offen oder verschlossen gegenüber seinen Aktionären? "Man bekommt Soft Facts, die man sonst nicht erhält", sagt Rasinger.

Wahrheitsgemäße Antworten

Darüber hinaus stehen allen Aktionären in der Hauptversammlung auch Rechte zu, eines der wichtigsten ist für Rasinger das Fragerecht. Der Vorstand muss den Eigentümern in diesem Rahmen wahrheitsgemäß Rede und Antwort stehen, sofern nicht Fälle von begründeter Geheimhaltung dem entgegenstehen.

Dazu kommt in der Regel das Stimmrecht, das bei Vorzugsaktien jedoch ausgeschlossen sein kann. Ansonst kann jeder Aktionär über die Gewinnverteilung, sprich den Dividendenvorschlag des Vorstands, abstimmen sowie über Aufsichtsräte und Abschlussprüfer mitbestimmen. Dazu kommt die Abstimmung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. "Das ist wie auf einem Parteitag", erklärt Rasinger, der selbst Aufsichtsrat bei Wienerberger, Erste Group und S Immo ist. Es mache einen Unterschied, ob die Zustimmung 95 oder nur 70 Prozent betrage – das Feedback der Aktionäre sorge intern durchaus für Diskussionen. Eine Nichtentlastung hat allerdings keine unmittelbaren Folgen für die Unternehmensleitung.

Stimmrecht nicht verfallen lassen

Das Stimmrecht nicht verfallen zu lassen ist für Rasinger grundsätzlich empfehlenswert, besonders aber bei sogenannten Streubesitz-Gesellschaften, bei denen es keinen Mehrheitsaktionär gibt. Denn bei Hauptversammlungen zählen nur die Stimmen des anwesenden Kapitals. Nehmen nur wenige Aktionäre teil, gewinnt jede anwesende Stimme an Gewicht, und es können bereits 30-Prozent-Gesellschafter eine Hauptversammlung dominieren.

Allerdings finden die Aktionärsversammlungen börsennotierter Unternehmen in der Regel während der üblichen Arbeitszeiten statt, weshalb Rasinger zufolge vor allem die Generation 60 plus sehr stark vertreten ist. Daher kann das Stimmrecht auch an Dritte übertragen werden – etwa Rasingers IVA bietet dies an -, welche die Interessen der Kleinaktionäre vor Ort vertreten. Manchmal schließen sich auch Aktionärsgruppen im Vorfeld zusammen und "sammeln" ausreichend Stimmen, um gemeinsam einen Antrag einbringen zu können.

Große Erwartungen

Als kleines Zuckerl für Aktionäre winkt zudem in der Regel auch die sogenannte Naturaldividende, also Essen und Trinken sowie andere Goodies für die anwesenden Aktionäre. "Die Zielgruppe 60 plus weiß es sehr zu schätzen, wenn sie gut versorgt wird", weiß Rasinger. "Die Erwartungshaltung ist da ziemlich groß." (Alexander Hahn, 2.5.2019)