Aktionitis vor dem Kraftwerk in Dürnrohr, das der EVN gehört: Umweltschützer fordern den raschen Ausstieg aus der Kohleverbrennung.

Foto: global 2000/jandl

Es ist eines von zwei verbliebenen Kraftwerken in Österreich, das noch mit Kohle befeuert wird: Dürnrohr. Das Kraftwerk soll, wenn es nach dem Willen des Betreibers EVN geht, noch bis 2025 Strom liefern. "Viel zu lange", kontert Global 2000. "Das Kraftwerk muss und kann schon 2020 vom Netz", sagte der Klima- und Energiesprecher der Umweltschutzorganisation, Johannes Wahlmüller, dem STANDARD.

Anders als bisher argumentiert, werde das Kraftwerk zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit mit Strom nicht benötigt, auch nicht im Fall einer Dunkelflaute, wenn weder der Wind weht, noch die Sonne scheint. Global 2000 wurden Informationen zugespielt, die zeigen, dass das Kraftwerk Dürnrohr keinen gültigen Vertrag mehr mit dem Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG) hat. Das wird von der EVN, die mehrheitlich dem Land Niederösterreich gehört, bestätigt. Somit spiele das Kraftwerk, das 1985 keine zwei Kilometer vom nie ans Netz gegangenen AKW Zwentendorf entfernt errichtet wurde, keine direkte Rolle mehr bei der Stabilisierung der Stromnetze in Österreich. Deshalb bestehe auch keine Notwendigkeit mehr, das Kraftwerk mit 330 MW Leistung aus Gründen der Versorgungssicherheit weiter zu betreiben, sagte Wahlmüller.

"Wichtiger Energieknoten"

"Das stimmt so nicht", heißt es bei der EVN. "Dürnrohr wird aus Gründen der Versorgungssicherheit bis auf weiteres benötigt, der Standort Dürnrohr ist ein wichtiger Energieknoten in Österreich."

Das Kraftwerk Dürnrohr könne auch mit Gas befeuert werden, argumentiert Wahlmüller. Das habe eine Analyse der öffentlich zugänglichen technischen Unterlagen des Betreibers ergeben. Allein eine Umstellung auf Gas würde die Emissionen schlagartig halbieren, zumal Kohle zu den dreckigsten fossilen Energieträgern zählt. Global 2000 fordert "einen raschen, sozial gerechten Ausstiegsplan aus der Kohleverstromung bis 2020, der mit der Belegschaft ausgearbeitet werden soll".

Noch sind etwa 90 Mitarbeiter am Standort Dürnrohr beschäftigt. Ein Kraftwerksblock in Dürnrohr mit 405 Megawatt (MW) Leistung, der vom Verbund betrieben wurde, ist 2015 geschlossen worden. Der von der EVN betriebene Kraftwerksblock wurde zuletzt neben der APG auch von Tennet beansprucht. Das Unternehmen ist für das Stromnetz im süddeutschen Raum verantwortlich. Mit beiden Gesellschaften gab es noch bis vor kurzem Stromlieferverträge.

Zuletzt wurden in Österreich einige ältere Kohlenmeiler stillgelegt. Beispiele dafür sind etwa das Kohlekraftwerk in Riedersbach in Oberösterreich 2016 – ein Block mit 176 MW Leistung, der von der Energie AG OÖ betrieben wurde. Das Verbund-Gaskraftwerk in Mellach unweit des dort noch mit Kohle befeuerten Kraftwerks wurde als Ersatz für die fünf zuvor stillgelegten Anlagen in Voitsberg, Zeltweg, St. Andrä, Pernegg und Neudorf/Werndorf 1 errichtet. Sollte die EVN bei ihren Plänen bleiben, das Kohlekraftwerk Dürnrohr noch bis 2025 zu betreiben, konterkariere das nicht zuletzt die Klima- und Energiestrategie der Bundesregierung, betont Wahlmüller. In der "Mission 2030" ist von einer Beschleunigung des Ausstiegs aus der Kohleverstromung die Rede. Das Land Niederösterreich sei über Österreichs Grenzen hinaus dafür bekannt, auf 100 Prozent erneuerbaren Strom zu setzen.

"Kein Kavaliersdelikt"

"Entgegen den begrüßenswerten politischen Zielsetzungen könnte Niederösterreich aber bald das einzige Bundesland in Österreich sein, in dem noch ein Kohlekraftwerk betrieben wird", sagt Wahlmüller – und hofft auf eine vertiefte Diskussion. "Die Verbrennung von Kohle ist kein Kavaliersdelikt, bei dem die Öffentlichkeit wegschauen kann, sondern führt zu schweren Klimaschäden." (Günther Strobl, 5.5.2019)