Fidesz-Plakat zur EU-Wahl: "Unterstützt Orbáns Programm, stoppt die Immigration."

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Die Ankündigung des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán, nach der Europawahl Ende Mai den CSU-Politiker und (Noch-)Parteifreund Manfred Weber nicht mehr bei seiner Kandidatur für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten zu unterstützen, schlug am Dienstag weiter hohe Wellen.

In Taten und Ideologie ist Orbán eigentlich ein Rechtspopulist. Mit seiner Regierungspartei Fidesz gehört er aber wie die ÖVP und die deutschen Parteien CDU und CSU zur konservativen Parteienfamilie der Europäischen Volkspartei (EVP). Diese hatte schon vor Monaten, auch mit ausdrücklicher Billigung Orbáns, ihren Fraktionschef Weber zum Spitzenkandidaten gekürt. Mittlerweile wurde allerdings die Fidesz-Mitgliedschaft wegen Orbáns Attacken gegen die EU und gegen den scheidenden Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, der aus der EVP kommt, suspendiert.

Vor allem unter Deutschlands Konservativen sah man einen Affront darin, dass Orbán Weber die Gefolgschaft aufkündigte. Orbán sprach dies noch dazu im Beisein von Österreichs Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache aus, den er am Montag als Staatsgast in Budapest empfangen hatte. Die Abkehr des Fidesz von der EVP scheint damit ein gutes Stück näher gerückt.

Treffen mit Salvini

"Reisende soll man nicht aufhalten", meinte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer. "Wer sich Woche für Woche mit Rechtspopulisten trifft, sendet ein klares Signal. Damit nimmt er wohl die Entscheidung der EVP vorweg", pflichtete ihm CSU-Chef Markus Söder bei. Der Bayer spielte darauf an, dass Orbán erst vergangenen Donnerstag den italienischen Lega-Chef Matteo Salvini in seiner Residenz empfangen hatte.

In Budapest verdichten sich indes die Anzeichen, dass Orbán den Bruch mit der EVP längst in Kauf genommen hat. Gegen eine Scheidung spricht zwar nach wie vor, dass die EVP dem Ungarn lange als Schutzschild diente, nachdem dieser 2010 begonnen hatte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie systematisch abzubauen.

Gute Kontakte zur FPÖ

Dass sich Orbán jetzt aus dieser Komfortzone zurückzieht, dürfte allerdings schon viel länger geplant sein als bisher bekannt. Zumindest legen das Recherchen des unabhängigen Budapester Portals "valaszonline.hu" nahe, deren Ergebnisse am Dienstag ins Netz gestellt wurden.

Demnach pflegt Orbán schon seit 2015 enge Kontakte zu Strache. Als der Ungar im September jenes Jahres, auf dem Höhepunkt der Krise im Umgang mit Flüchtlingen, in Wien den damaligen Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) traf, nahm ihm Letzterer – als EVP-Parteifreund – das Versprechen ab, Strache nicht zu treffen. Orbán traf den FPÖ-Vormann dennoch, nur eben unter strikter Geheimhaltung, schrieb "valaszonline.hu" unter Berufung auf Personen, die in die Vorgänge eingeweiht waren. In der FPÖ hätte man sich damals diebisch darüber gefreut, wie man die ÖVP "reingelegt" habe.

Auch danach hätten sich Orbán und Strache immer wieder diskret getroffen. Vor der letzten Wahl in Italien einigten sich die beiden darauf, sich auf EU-Ebene mit Salvini zusammenzutun. Jüngst kamen auch öffentliche Signale. Beim letzten Opernball saß Orbáns Kanzleramtsminister Gergely Gulyás in Straches Loge. Noch hat sich Orbán nicht darauf festgelegt, sich dem geplanten Rechtspopulistenblock um Salvini, Strache, die AfD und Marine Le Pen anzuschließen. Nach einem eventuellen Austritt oder Ausschluss aus der EVP dürfte er dort aber wohl andocken. (Gregor Mayer, 7.5.2019)