So sieht der Wiener Eislaufverein im Sommer aus. Nun fürchtet er um sein Winter-Eis.

Foto: Ayham Youssef

Der – juristische – Kampf um das Wiener Heumarkt-Projekt geht weiter. Im April hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) entschieden, dass das Bauvorhaben des Wiener Unternehmers Michael Tojner auf dem Heumarkt-Areal eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchlaufen muss. Inkludiert in die Pläne Tojners bzw. seiner Intercon Hotel GmbH ist ein Turm von 66 Meter Höhe. In den Augen des Richters werde das Projekt den "Schutzzweck, für den das schutzwürdige Gebiet 'Unesco-Welterbestätte Historisches Zentrum von Wien' festgelegt wurde, erheblich beeinträchtigen".

Was die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für Tojner vor allem bedeutet: Zeitverlust. Der Unternehmer kämpft seit Jahren um sein Projekt und geht davon aus, dass keine UVP nötig ist. Gegen die BVwG- Entscheidung haben die Intercon Hotel GmbH und die Wiener Landesregierung, die Tojner in erster Instanz recht gab, daher nun Revision eingelegt. Intercon hat zudem den Antrag gestellt, dass dem Rechtsmittel, über das der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) entscheiden wird, aufschiebende Wirkung zuerkannt werden soll.

Kosten von 2,3 Millionen im Monat

Denn: Tojner will weitermachen und bringt ins Treffen, dass ihm bei Vollzug des BVwG-Erkenntnisses und bei weiterer Baubeginnverzögerung ein "unverhältnismäßiger Nachteil" entstünde. Die Baubewilligungsbehörde würde ihr Verfahren nicht abschließen, weil die "Sperrwirkung" aus dem UVP-Gesetz wirksam würde. Und welche Nachteile befürchtet Tojners Team aus einem verzögerten Baubeginn? Millionen an Mehrkosten, die Gefährdung des ganzen Projekts und Probleme fürs Hotel Intercont, für den Pächter Wiener Eislaufverein (WEV) und fürs Konzerthaus, wo es quasi zu warm werden könnte.

Nun der Reihe nach. Die Heumarkt-Projekt-Werber rechnen vor, dass sie jeder Tag der Verzögerung 16.600 Euro kosten würde; rund 500.000 Euro im Monat. Selbst wenn der VwGH, wie im Schnitt, binnen 140 Tagen entscheidet, würde sich der "nicht mehr rückgängig zu machende" Schaden auf 2,32 Millionen Euro summieren. Die bisherigen Planungskosten beziffern sie mit 15,5 Millionen Euro.

Architekt könnte abspringen

Zudem sehen Tojner und Co bei einer weiteren Verzögerung das ganze Projekt gefährdet. Denn Planer und der Architekt Isay Weinfeld "als tragende Säule des Projekts" könnten abspringen. Weinfeld stehe eine einseitige Kündigungsmöglichkeit bei Projektverzögerungen von in Summe zwei Jahren Verzögerung zu – und die seien "nahezu" erreicht.

Auch Tojners Hotel Intercont, das ja umgebaut werden soll, würde bei weiteren Verzögerungen Schaden nehmen. In einem im Antrag zitierten Brief vom 6. Mai lässt die Hotelchefin die Intercon wissen, dass das Haus nicht mehr den Anforderungen von Gästen entspreche, die sich "gehobene Standards" erwarten. Es gebe Nachholbedarf und einen Investitionsstau. Das Hotel rechne mit einer Schließung Ende 2021, Kongresse für die Zeit danach sage man daher ab. Sollte das Hotel nun doch länger offen halten, würde das "einen großen finanziellen Schaden bedeuten". Und es gebe schon Mitarbeiter (derzeit: 270), die das Unternehmen verlassen.

Veraltete Kälteanlage

Auch der Pächter Eislaufverein warnt laut Schriftsatz vor weiteren Verzögerungen. In die Erneuerung von dessen Anlagen wolle Tojner rund 30 Millionen Euro stecken, etwaige Verzögerungen könnten die Existenz der Institution WEV gefährden. Denn wie beim Hotel seien auch dort Investitionen nicht mehr getätigt worden, weil man ja ohnedies alles neu bauen wollte. Die Anlagen des WEV seien daher "in die Jahre gekommen".

Ja sogar ein Wärmeeinbruch auf dem Heumarkt wird befürchtet. Denn: Die Kälteanlage, die der WEV betreibt, kühlt auch das Hotel Intercont und das Wiener Konzerthaus, und auch diese Anlage sei "stark veraltet". Angesichts der "Temperaturkurve" könnten Verzögerungen des Bauprojekts dem WEV die Einstellung bescheren sowie den Betrieb von Hotel und Konzerthaus "erheblich einschränken", argumentieren Tojners Anwälte.

Als Nächstes werden sich die Gegner des Heumarkt-Projekts zu den Rechtsmitteln äußern. Alliance for Nature plädiert gegen die von Tojner beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. In ihren Augen liegt es im öffentlichen Interesse, wenn das Bauvorhaben nicht realisiert wird, da es Wien den Welterbestatus kosten könnte. Für Hitze ist also auch juristisch gesorgt. (Renate Graber, 3.6.2019)