Aber klar wird sich ganz schnell ein Buchhalter finden, der bestätigt, dass man den Nexo nicht mit dem Niro vergleichen kann. Weil der Nexo eine ganze Schuhnummer größer ist als der Niro. Das ist uns jetzt aber wurscht. Denn weil die beiden aus dem gleichen Konzern stammen, haben sie nicht nur viele Gemeinsamkeiten – von den Assistenzsystemen angefangen bis hin zur Abstimmung der Fahrzeuge -, sondern sind quasi dem gleichen Geist entsprungen, nur eben anders finalisiert.

Der Kia e-Niro hat eine realistische Reichweite von mehr als 400 Kilometer.
Foto: Guido Gluschitsch

Der Kia e-Niro ist ein 204 PS starker SUV, der rein elektrisch angetrieben wird und mit einer Ladung erstaunlich weit fährt – 455 Kilometer gibt der WLTP-Zyklus als Reichweite an, der Wagen selbst fuhr im Test mit vollen Akkus 420 Kilometer.

Der Nexo von Hyundai schafft mit vollen Wasserstofftanks eine Distanz von über 500 Kilometer.
Foto: Guido Gluschitsch

Der Hyundai Nexo ist ebenfalls ein E-Auto, jedoch holt sich dieser die Energie zum Fahren nicht aus der Steckdose, sondern aus Wasserstoff, der in einer Brennstoffzelle oxidiert wird. Reichweite laut NEFZ: 660 Kilometer. Im Test ließen sich die Tanks nie wirklich ganz vollladen, und der Wagen zeigte eine Reichweite von weit mehr als 500 Kilometern an.

Alltagstauglich

Was beiden gemein ist: Sie haben eine mehr als praxistaugliche Reichweite, selbst wenn man jeden Tag an die 100 Kilometer pendelt. Das heißt gleichzeitig, dass es bei diesen Fahrzeugen ziemlich egal ist, ob da jetzt noch eine Klimaanlage rennt oder nicht. Zudem sind sie beide SUVs, und sie haben ein asiatisches Design.

Eine echte Sensation ist der Blick in den toten Winkel in den Armaturen, sobald man blinkt. Dafür benutzt man den Steckn, der links aus der Lenksäule steht.
Foto: Guido Gluschitsch

Was sie trennt, das ist der Preis, das ist die Länge, das ist die Stromquelle, und das ist die Ladedauer. Und die ist eines der wichtigsten Kriterien für den Erfolg der E-Mobilität: Denn wenn man sich einmal ein paar Minuten auf seinen Hintern setzt und nachdenkt, wird man draufkommen, dass nicht die Reichweite entscheidet, wie alltagstauglich ein Fahrzeug ist, sondern wie schnell ich es wieder volltanken oder -laden kann.

Glauben Sie nicht? Wenn Ihr Wagen eine Reichweite von 100 Kilometern hat, und nehmen wir an, Sie können während der Fahrt, über einen Knopfdruck blitzschnell die Tanks füllen, hätten Sie dann ein Problem? Eben.

Ein Blick ins Cockpit des e-Niro.
Foto: Guido Gluschitsch

400 Kilometer rein elektrisch zu fahren wie mit dem e-Niro, das hat schon seinen Reiz. Zugegeben. Aber wenn man die Kiste dann ziemlich leer daheim an die Steckdose hängt und man sieht, dass der in 24 Stunden immer noch nicht voll sein wird, fängt man erst einmal damit an, am Waffenradl endlich den Patschen zu picken.

Raumschiffig ist die Kommandobrücke im Nexo. Auf den ersten Blick ist das faszinierend. In der Realität sind die vielen Knöpfe ein Horror.
Foto: Guido Gluschitsch

Der Tankvorgang beim Nexo hingegen dauert im Grunde kaum länger als der Tankstopp mit einem Verbrenner. So man in der Zwischenzeit keinen Herzinfarkt erleidet. Denn wenn das System mit 700 bar Druck Wasserstoff in die Tanks zu pumpen beginnt, machen sowohl die Tankstelle als auch das Auto Geräusche, dass man meinen möchte, jetzt fliegt gleich alles in die Luft.

Fossiler Wasserstoff

Und das ist nicht der einzige Nachteil des Nexo. Was nützt es mir nämlich, wenn ich recht schnell tanken kann, wenn ich mindestens eine halbe Stunde zur nächsten Tankstelle brauche? Und der Weg dorthin muss nicht unbedingt auf dem Weg zu meinem eigentlichen Ziel liegen. Also ist eine Stunde schnell vertan. Und wegen des ökologischen Gewissens braucht man auch nicht auf Wasserstoff umsteigen. Dieser wird nämlich nicht supersauber in schönen Elektrolyse-Stationen mithilfe von Sonnenenergie gewonnen. Die OMV – der einzige Anbieter von Wasserstofftankstellen in Österreich – gewinnt Wasserstoff durch die Dampfreformierung aus Erdgas.

Foto: Guido Gluschitsch

Ein Kilogramm Wasserstoff kostet an der Tankstelle derzeit neun Euro. Da ist man mit manch einem Diesel günstiger unterwegs, wenn man ihn genauso spazieren trägt wie wir die E-Autos im Test.

Das langsame und bedachte Fahren gelingt in beiden Fahrzeugen übrigens sehr gut. Das liegt daran, dass jede Menge Assistenzsysteme an Bord sind, die einem permanent dazwischenpfuschen. Und auch sonst ist die Fahrdynamik nicht im Fokus dieser Autos, sodass es selbst für Autonarren ganz einfach ist, vernünftig und sparsam unterwegs zu sein. (Guido Gluschitsch, 9.6.2019)

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