Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist der Liebling der Nation.

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Warum, fragte Raimund Löw neulich in einem "Falter"-Podcast, ist es eigentlich so schwierig, eine Regierung zustande zu bringen, die weltoffen, solidarisch und ökologisch ist? Genau diese Kombination hat schließlich im letzten Präsidentenwahlkampf eine solide Mehrheit in der Bevölkerung bekommen und dazu geführt, dass heute Alexander Van der Bellen und nicht Norbert Hofer Bundespräsident ist.

Die Kampagne wurde damals vor allem von der Zivilgesellschaft getragen und hat Wähler der SPÖ, der ÖVP, der Grünen und der Neos zu überzeugen vermocht. Und heute ist VdB der Liebling der Nation. Sogar die "Kronen Zeitung", die damals den zerstreuten Professor und angeblichen verkappten Linken nach Kräften heruntergemacht hat, nennt ihn jetzt einen "Glücksfall" und ein "Geschenk" an die Österreicher. Auch die von ihm eingefädelte Übergangsregierung bekommt viel Vorschusslorbeeren.

Ließe sich etwas Ähnliches nach der Nationalratswahl im Herbst wiederholen? Es sieht vorderhand nicht danach aus. Die Van-der-Bellen-Allianz wurde damals vor allem von einer Idee zusammengehalten: nur ja nicht einen Vertreter der extremen Rechten in die Hofburg lassen. Noch heute schaudert es viele bei dem Gedanken, was wohl wäre, wenn in der jetzigen Krise der Chef der FPÖ die Fäden gezogen hätte. Und es ist wohl auch eine Mehrheit der Österreicher, die erleichtert ist, dass Strache und Co für absehbare Zeit weg sind von den Schalthebeln der Macht.

Zorn der Opposition

Das Ibiza-Video hat Heinz-Christian Strache entzaubert. Aber seit dem Misstrauensantrag gegen die Regierung richtet sich der vereinigte Zorn der Opposition weniger gegen die FPÖ als gegen Sebastian Kurz. Seine Missachtung des Parlaments und der SPÖ, sagt ein hochrangiger Sozialdemokrat, hat keine Alternative zum Misstrauensantrag zugelassen. "Sonst wäre die Würde der Partei weg gewesen." Das ist nachvollziehbar. Trotzdem – oder gerade deshalb – wird Kurz laut Umfragen im September einen hohen Sieg einfahren. Und niemand wird ihn daran hindern können, wieder mit der FPÖ, diesmal unter ihrem stets lächelnden neuen Vorsitzenden Hofer, eine Koalition einzugehen.

Die Van-der-Bellen-Allianz sagte: alle gegen die FPÖ. Die jetzige Oppositionsallianz sagt: alle gegen Kurz. Ja, es stimmt, dass der ehemalige Kanzler mit seiner Entscheidung, mit der extremen Rechten eine Regierung zu bilden, letztlich für das ganze Schlamassel verantwortlich ist. Ja, es stimmt, dass er in unverantwortlicher Weise das Parlament links liegengelassen und die Menschenverachtung seiner Koalitionspartner salonfähig gemacht hat. Aber trotzdem ist offensichtlich er es und nicht Pamela Rendi-Wagner, den die überwältigende Mehrheit der österreichischen Wähler an der Spitze ihres Staates sehen will.

Hat die Van-der-Bellen-Allianz nach der Nationalratswahl noch eine Chance? Nicht wirklich. Das Beste, was nach dieser Wahl realistischerweise herauskommen könnte, wäre eine Koalition Kurz-ÖVP, Neos und eventuell Grüne. Das Schlechteste: eine neuerliche Koalition Türkis-Blau. Und das Unwahrscheinlichste: eine progressive Mehrheit jenseits von ÖVP und FPÖ. (Barbara Coudenhove-Kalergi, 5.6.2019)