Wien – Dass scheinbar unabhängige Vereine zu illegaler Parteienfinanzierung genutzt werden könnten, weiß man spätestens seit dem vor dreieinhalb Wochen aufgetauchten Ibiza-Video.

Dass sich auch die Wirtschaftskammer (WKO) einer wenig transparenten Vereinskonstruktion bedient hat, um Gelder an ehemalige Mitarbeiter durchzuschleusen, wurde nun durch einen Bericht des "Falter" bekannt.

Hintergrund der Vereinskonstruktion war eigentlich ein Sparprogramm: WKO-Präsident Christoph Leitl wollte die Kammerstruktur verschlanken und sogenannte "Altlasten" – eine wenig freundliche Bezeichnung für verdiente Mitarbeiter über 50 – loswerden.

Im Jahr 2002 wurde begonnen, diese Personen auszugliedern, in Pension zu drängen oder per Golden Handshake abzufertigen. Abgefedert wird so etwas typischerweise über einen Sozialfonds.

Umweg über zwei Vereine

Die WKO wählte aber einen anderen Weg, nämlich über den Verein "Austrian Senior Experts Pool" (Asep), dem monatlich an die 40.000 Euro zur Verfügung gestellt wurden, damit dieser das Geld an den Verein "Experten für die Wirtschaft" (EFW) weiterleite.

Asep ist ein Verein, der Betrieben Know-how zur Verfügung stellt, Diskussionen veranstaltet und Lehrlinge berät. EFW bezahlte zunächst 120 Ex-Kämmerer – bis 2017 ist der Kreis der Bezieher auf 47 geschrumpft, berichtet die "Presse".

"Falter"-Chefredakteur Florian Klenk fragte: "Wo war die Leistung?" Die WKÖ-Frühpensionisten hätten ihr "Know-how weiter zur Verfügung gestellt", heißt es. In welcher Form, ist unklar. Klar ist aber, dass die Konstruktion im Vorjahr auf Wunsch von Asep beendet wurde. Seither zahlt die WKO direkt an EFW.

So sieht es die Wirschaftskammer

Am Mittwoch – nachdem die Vereinskonstruktion auch Gegenstand einer Parlamentsdebatte war – stellte die Wirschaftskammer nochmals ihre Sichtweise dar: Die WKO war demnach bis vor einigen Jahren förderndes Mitglied im Verein Asep. Den im Zuge des Sozialplans abgebauten und in den Verein "Experten für die Wirtschaft" übergeführten Mitarbeitern sollte durch diese Mitgliedschaft der WKÖ die Möglichkeit gegeben werden, neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu finden und sie bei ihrer allfälligen weiteren Berufstätigkeit zu unterstützen. Sie waren etwa in die Expertendatei des Asep integriert, um laufende Informationen über Einsatzmöglichkeiten (Ausschreibung von Interessenten, Projekte in den vom Asep angebotenen Beratungsgebieten) zu erhalten.

Als Entgegenkommen für die Förderbeiträge der WKÖ hat sich Asep seinerzeit bereit erklärt, die Gehaltsabrechnung der Mitarbeiter im Verein Experten für die Wirtschaft zu übernehmen. Dieses Modell wurde in der Kammer einstimmig (auch mit den Stimmen von Freiem Wirtschaftsverband und Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender) beschlossen und war dem Rechnungshof bekannt. Jene Mitarbeiter, die den Sozialplan in Anspruch genommen und ihr Dienstverhältnis mit der WKO beendet haben, wurden bis zum Erreichen der Anspruchsvoraussetzungen für die frühestmögliche ASVG-Pension (knapp über der Geringfügigkeitsgrenze, d.h. aktuell EUR 446,81 monatlich) im Verein beschäftigt.

Und die Kammer rechnet vor: Es habe jährliche Einsparungen von 150 Millionen Euro gegeben, dem stünden über 17 Jahre kumuliert rund 30 Millionen Euro für den Sozialplan gegenüber. (red, APA, 11.6.2019)

Update 12.6.2019, 16:15