Für das "König- Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog" (Kaiciid) in Wien wird es eng.

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Wien – Man ging zwar nicht gemeinsam, aber in die gleiche Richtung: Dem Entschließungsantrag der Liste Jetzt, das "König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog" (Kaiciid) in Wien zu schließen, verschafften am Mittwoch SPÖ und FPÖ im Parlament eine Mehrheit. Die ÖVP verweigerte sich zwar, brachte aber danach ihren eigenen Antrag auf Schließung ein. Das Außenministerium sicherte zu, den Beschluss umzusetzen, das Kaiciid zeigte sich in einer Aussendung besorgt.

Das nach dem saudischen König Abdullah bin Abdulaziz (2005-2015) benannte Zentrum war 2011 gegründet und 2012 operativ geworden, unter der rot-schwarzen Regierung von Kanzler Werner Faymann. Diese zeigte sich damals erfreut, die internationale Organisation – darum handelt es sich rechtlich – an Land gezogen zu haben. Eine Pointe ist, dass der Wunsch nach Benennung der Institution nach König Abdullah nicht von den Saudis, sondern von den anderen beteiligten Staaten kam, neben Österreich, Spanien sowie dem Vatikan als Beobachter. Offenbar sah man damals kein Imageproblem.

Kein Ruhmesblatt

Der Status des Zentrums als internationale Organisation ist eine Peinlichkeit für die österreichische Diplomatie bei der einzuleitenden Schließung: Für Wiens Ruf als Standort internationaler Organisationen ist die ganze Geschichte kein Ruhmesblatt. Die Rechtspraktiken in Saudi-Arabien haben sich seit Gründung des Zentrums ja nicht geändert, der Sinneswandel Österreichs ist also nicht unbedingt nachzuvollziehen.

Der aktuelle Fall betrifft den 18-jährigen Murtaja Qurairis, dem wegen als Kind gesetzter (in Nicht-Diktaturen harmloser) Aktivitäten die Todesstrafe droht. Erstmals wurden 2015 Rufe nach der Schließung laut, als der Blogger Raif Badawi zu einer Prügelstrafe verurteilt wurde. Damals hielt die ÖVP noch dagegen.

Ende Jänner 2015 starb König Abdullah: Eine kuriose Facette der Geschichte ist, dass das Kaiciid damals, unter König Abdullah, der Macht in Saudi-Arabien viel näher stand, als das jetzt der Fall ist. Der seit 2015 aufgestiegene Kronprinz Mohammed bin Salman (MbS) stellte auf seinem Weg nach oben die Söhne des verstorbenen Königs Abdullah – von denen einer, Miteb, als möglicher Thronprätendent galt – politisch kalt.

Die superreiche Abdullah-Stiftung, aus der das Geld für das Zentrum stammt, blieb jedoch unangetastet. Unzweifelhaft hat das Kaiciid gerade in Zeiten, in denen Saudi-Arabien seinen Ruf als Quelle des religiösen sunnitischen Extremismus loswerden will, einen großen PR-Wert für Riad – und mit harschen Reaktionen ist zu rechnen.

Das Missverständnis

Dass durch das Kaiciid "Wahhabismus", der lokale saudi-arabische strenge Salafismus, verbreitet werden sollte, ist jedoch ein Missverständnis. Die Gründung war von Abdullah, der das Treffen mit Papst Ratzinger 2007 als eines der wichtigsten in seinem Leben bezeichnete, auch als eine Art pädagogische Maßnahme nach innen gedacht. Die Idee eines solchen Zentrums war fast schon ein Affront gegen die ultrakonservativen Kräfte in Saudi-Arabien: Sitzen doch im Vorstand Vertreter von Religionen, die von den Salafisten nicht einmal als solche angesehen werden, etwa Hinduisten und Buddhisten. Daher stammt auch ursprünglich das "interkulturell" im Namen. Im Alltag des Zentrums spielt das alles heute keinerlei Rolle, dort arbeiten Menschen aus zwei Dutzend Nationen und unterschiedlicher Religionen. (Gudrun Harrer, 13.6.2019)