Sie ist in der Politik ein absoluter Neuling: Zuzana Caputova.

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Bratislava – Vor einem Jahr war Zuzana Caputova den meisten Slowaken noch eher unbekannt. Auch ihrer Präsidentschaftskandidatur wurden am Anfang kaum Erfolgschancen eingeräumt, es wurde ihr nur eine Statistenrolle vorhergesagt. Nun ist die 45-jährige Anwältin und Bürgerrechtlerin das erste weibliche und bisher jüngste Staatsoberhaupt in dem EU- und Euro-Land. Sie vertritt einen klar proeuropäischen Kurs.

Seit ihrem überraschenden Sieg Ende März gab die frühere Umweltaktivistin fast keine Interviews. Stattdessen gewährte sie wohldosiert meist über soziale Netzwerke vereinzelte Einblicke, wie sie sich auf die Übernahme des höchsten Staatsamts am Samstag vorbereitete. Für die Ausgewogenheit bei der Auswahl ihres Beraterteams, darunter etwa eine prominente Armutsforscherin, erhielt Caputova über die parteipolitischen Grenzen hinweg Lob.

In der Politik ist die Juristin ein absoluter Neuling. Erst Ende 2017 hatte sie sich der gerade neu entstehenden liberalen Partei Progressive Slowakei (PS) angeschlossen, die noch nicht im Parlament vertreten ist. Im Jänner 2018 wurde Caputova auf dem Gründungsparteitag zur Vize-Parteichefin gewählt, nur fünf Monate später war sie schon Präsidentschaftskandidatin der eindeutig proeuropäischen Progressiven. Auf ihre Posten hat sie mittlerweile verzichtet.

Zuvor zog es Caputova nicht zur Politik. Nach ihrem Jusstudium in Bratislava, das sie 1996 abschloss, konzentrierte sie sich u.a. auf ihre Rechtsanwaltslaufbahn. Schon 2001 begann ihre erfolgreiche Zusammenarbeit mit der angesehenen Bürgervereinigung Via Iuris, die um Rechtsstaatlichkeit und Verbesserung des slowakischen Rechtssystems bemüht ist und auch Aktivisten im Kampf um ihre Rechte beisteht. Zu ihren Prioritäten gehörten Bereiche wie Rechtsstaatlichkeit, Funktionieren der Justizorgane und Kontrolle der öffentlichen Macht.

Bürgerlicher Widerstand

In der Zeit hatte sich Caputova auch zum ersten Mal ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit eingeschrieben. In ihrer Heimatstadt Pezinok, unweit von Bratislava, schloss sie sich einer Bürgerkampagne gegen eine geplante umweltbelastende Mülldeponie nahe bewohnter Gebiete an. Sie wurde zum Gesicht des bürgerlichen Widerstands, der sich zum ersten Mal auch gegen mächtige Politiker und einflussreiche Oligarchen stellte.

Nach einem über zehn Jahre dauernden Kampf, in dem Caputova ihre Mitbürger vor Gerichten und Institutionen vertreten hatte, erkannte das slowakische Höchstgericht 2013 die Genehmigung der Deponie als gesetzwidrig an und hob sie auf. Vorhergegangen waren eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), wonach Bürger ein Mitspracherecht bei öffentlichen Bauvorhaben mit markanten Umwelteinflüssen haben. Caputova wurde 2016 für ihren Beitrag mit dem internationalen Goldman-Umweltpreis ausgezeichnet, den viele als Umwelt-Nobelpreis sehen.

Die Liberale, mit einem ruhigen Auftreten, steht für eine Wende im Land, nach der sich viele Slowaken nach dem Mord am Investigativ-Journalisten Jan Kuciak und dessen Verlobter vor einem Jahr sehnen. Sie selbst ist überzeugt, hätten Politiker ihres Landes die gravierenden Verflechtungen zwischen Staat und Mafia-nahen Oligarchen nicht zugelassen, wäre die Bluttat nie geschehen.

In der traditionell gläubigen Slowakei sorgte die geschiedene Mutter von zwei Töchtern, die seit einigen Jahren mit dem Musiker und Fotografen Peter Konecny zusammenlebt, wiederholt mit ihrer liberalen Weltsicht für Aufsehen. Eingeschriebene Partnerschaften von Homosexuellen lehnte sie nicht ab, ebenso Kinderadoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare. Auch verteidigte sie das Recht von Frauen auf Schwangerschaftsabbrüche. Sie erntete dafür heftige Kritik vonseiten der katholischen Kirche. (APA, 15.6.2019)